Höchle (Hoechle), Johann Nepomuk (1790–1835), Maler, Zeichner und Graphiker

Höchle (Hoechle) Johann Nepomuk, Maler, Zeichner und Graphiker. Geb. München, Bayern (D), 16. 9. 1790; gest. Wien, 22. 12. 1835; röm.-kath. Sohn von →Johann Baptist Höchle und Maria Katharina Höchle, geb. Ziegler; ab 1826 verheiratet mit Sophie Freytag (geb. 1799). – H. erhielt seinen ersten Unterricht in München bei Ferdinand Kobell, übersiedelte 1800 nach Wien und studierte 1804–13 an der Akademie der bildenden Künste Landschaftsmalerei bei Laurenz Janscha, Christoph Albert Dies und →Josef Mössmer. Daneben nahm er Privatunterricht bei Michael Wutky und 1806–12 beim Schlachtenmaler Ignace Duvivier (1813–38 waren seine Arbeiten in Ausstellungen der Akademie vertreten). 1809 skizzierte er von einem erhöhten Standort bei Heiligenstadt aus den Schauplatz der Schlacht von Aspern, wurde dabei von französischen Soldaten gefangen genommen und konnte dank seiner Kenntnisse der französischen Sprache nur knapp einer Exekution als Spion entgehen. In der Folge spezialisierte sich H. auf die aktuellen Ereignisse während der Napoleonischen Kriege (Nächtliches Bombardement Wiens durch die Franzosen, 1809; Der Abend vom 21. Mai am Tage der Schlacht von Aspern, 1812, Die Schlacht bei Eßling, 1813, beide Fürstliche Sammlungen Liechtenstein, Vaduz – Wien; Die Ergreifung des französischen Generals Dominique Vandammes in der Schlacht bei Kulm, Museo Sartorio, Triest). 1815 begleitete H. aufgrund der Fürsprache von Oberstkämmerer Rudolf Graf Wrbna Kaiser →Franz II. (I.) im Feldzug gegen Frankreich als Zeichner und nahm an den daran anschließenden Manövern in Dijon teil. Er erfasste die Ereignisse in zahlreichen Federzeichnungen und Aquarellen sowie im großformatigen Ölbild „Die verbündeten Heere, Kaiser Franz I. mit dem Kronprinzen Ferdinand an der Spitze, überschreiten die Vogesen“ (1815–20, Österreichische Galerie Belvedere). Neben Schlachtengetümmel und Pferdedarstellungen schilderte H. in vielen Aquarellen Einzüge, diverse Manöver und Paraden, ebenso das höfische Leben und herausragende Ereignisse des Wiener Kongresses. Von Herbst 1815 bis zum Frühjahr 1816 begleitete er das Kaiserpaar auf einer Reise durch das Lombardo-Venezianische Königreich (Einzug von Kaiser Franz I. und Kaiserin Maria Ludovica in Venedig, Die Wiederaufstellung der vier Bronzepferde an der Fassade von San Marco in Gegenwart von Kaiser Franz I., beide 1815, Hoftafel von Kaiser Franz und Kaiserin Maria Ludovica im Palazzo Reale von Mailand, 1816, alle Österreichische Nationalbibliothek). Neben Szenen aus dem Leben der kaiserlichen Familie hielt er auch diverse Hochzeitsfeierlichkeiten fest (Maria Klementine mit Leopold von Neapel-Sizilien, 1816, Maria Leopoldine mit Dom Pedro, 1819, beide Österreichische Nationalbibliothek). 1825 zeichnete H. die am Krönungszug von Kaiserin →Karoline Auguste als Königin von Ungarn in Pressburg beteiligten Vertreter der diversen Komitate, die von →Josef Kriehuber lithographiert und in einem etwa 10 m langen Band aneinandergereiht und aufgerollt in einer Kassette bei →Mat(t)ias Trentsensky erschienen. 1819 war er im kaiserlichen Gefolge der Hofreise nach Rom und Neapel (2 Skizzenbücher; Wolkenstudie über Venedig), 1820 zeichnete er die Manöver in Ungarn. Nach 1820 entstanden Gemälde mit historischen Inhalten für den Lothringersaal der Franzensburg in Schloss Laxenburg (Kaiser Leopold I. und König Jan Sobieski III. vor Wien, Einzug Kaiser Friedrichs III. in Rom, beide fertiggestellt von Leopold Bucher; Kreuzfahrer; Rudolf von Habsburg und Löwe mit dem Wappen des Hauses Habsburg-Lothringen). Daneben schuf er Zeichnungen für lithographische Mappenwerke („Uniform der k. k. österreichischen Armee“, 1814; „Österreichische Fuhrwerke“, 1825; „Übungslager bey Traiskirchen“, 1828; „Österreichische Gefechte“, 1830; „Hauptmomente aus dem Leben Sr. Majestät Franz I.“, 1833–35). H. war u. a. mit →Leopold Kupelwieser und →Franz Schubert Mitglied der sogenannten Unsinnsgesellschaft (sein Vereinsname war „Kratzeratti Klanwinzi“), wobei seine Schilderungen diverser Zusammenkünfte (Silvesterfeier, 1817, Wien Museum) sprechende Beispiele für deren Geselligkeit geben. Weiters befasste er sich mit →Ludwig van Beethoven (Beethovens Sterbezimmer im Schwarzspanierhaus, 1827, Wien Museum), auch die Federzeichnung von Beethovens Begräbnisfeier (Städtisches Museum Überlingen) wird ihm zugeschrieben. H.s Zeichnungen und Aquarelle sind hinsichtlich der Figurenschilderung von hoher Qualität. Seine besondere Begabung lag in der Fähigkeit, große Personenmassen in einer glaubwürdigen Räumlichkeit darzustellen. Auf dieser Basis vermochte er die diversen Formationen in Schlachtendarstellungen zuzuordnen und die Charakteristika des Terrains festzuhalten. Auch war es ihm z. B. bei den höfischen Festen des Wiener Kongresses ein großes Anliegen, sowohl modische Einzelheiten als auch architektonische Besonderheiten zu charakterisieren. H.s Zeichenstil ähnelt dem seines Vaters, was eine Händescheidung schwierig macht. 1833 wurde er Hof- und Kammermaler.

L.: ADB; AKL; Czeike; Thieme–Becker; Wurzbach; Studien und Skizzen zur Gemäldekunst 3, ed. Th. v. Frimmel, 1917/18, S. 13ff.; L. Grünstein, in: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien 11, 1919, S. 207ff.; W. Koschatzky, Österreichische Aquarellmalerei 1750–1900, 1987, passim; R. Steblin, Die Unsinnsgesellschaft. F. Schubert, L. Kupelwieser und ihr Freundeskreis, 1998, S. 77ff.; I. Zitta-Habl, J. Nep. H. (1790–1835) …, DA Wien, 2003; R. Steblin, in: Wiener Geschichtsblätter 58, 2003, S. 299ff. (mit Bild); W. Telesko, Geschichtsraum Österreich, 2006, s. Reg.; Europa in Wien. Der Wiener Kongress 1814/15, ed. S. Grabner u. a., Wien 2015, s. Reg. (Kat.); Das Wiener Aquarell, ed. M. L. Sternath, Wien 2018, S. 80ff. (Kat.); S. Grabner, in: Der Wiener Kongress 1814/15, 2, ed. E. Hilscher u. a., 2019, S. 217ff; ABK, Wien.
(S. Grabner)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)