Kandler Pietro (Peter), Archäologe, Historiker und Jurist. Geb. Triest, Freie Stadt (Trieste, I), 23. 5. 1804; gest. ebd., 18. 1. 1872; röm.-kath. Aus einer ursprünglich schottischen und seit Anfang des 17. Jahrhunderts in Österreich ansässigen Familie (Chandler) stammend. Sohn des Zeichenlehrers und Bühnenbildners Paolo Kandler und seiner Frau Giovanna Cerutti. – Nach dem Besuch des Staatsgymnasiums in Capodistria begann K. ein Jusstudium an der Universität Padua. 1822–24 hielt er sich als Stipendiat der Stadt Triest in Wien auf und besuchte Vorlesungen an der rechtswissenschaftlichen Fakultät. In der Hofbibliothek studierte er zudem Triest und Istrien betreffende historisch-juridische Dokumente. 1825–26 absolvierte er den letzten Abschnitt seines Jusstudiums an der Universität Pavia. In der Folge war er als Anwalt in der Kanzlei →Domenico Rossettis in Triest tätig. Über seine Vermittlung wurde K. im Kultur- und Wissenschaftsverein Società di Minerva aktiv, arbeitete an dessen Zeitschrift „Archeografo Triestino“ mit und organisierte erste archäologische Ausgrabungen in Triest und Istrien. 1841 vertraute ihm die Stadt die Leitung des neu gegründeten Museums für Altertümer an. Im selben Jahr avancierte K. zum engsten Mitarbeiter des neuen Statthalters →Franz Ser. Graf Stadion-Warthausen und war als solcher maßgeblich an den Verwaltungsreformen im Küstenland beteiligt; 1842 Prokurator der Stadt Triest und Präsident des Gemeinderats. Mit Unterstützung Stadion-Warthausens gründete K. 1846 die Zeitschrift „L’Istria“, die bis 1852 erschien und die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Triest und Istrien präsentierte. Während der Revolution von 1848/49 nahm K. eine gemäßigt liberale Position ein und forderte lediglich mehr Autonomie für die Stadt Triest. Seine Wahl in das Frankfurter Parlament lehnte er ab, da er gegen die Eingliederung des ehemals venezianischen Istriens in den Deutschen Bund war. Ab 1860 in politischer Hinsicht zunehmend konservativ eingestellt, geriet er wegen seiner monarchietreuen Gesinnung in Konflikt mit dem erstarkenden italienisch-liberalnationalen Lager. Bis 1865 vertrat K. die vorwiegend von Slowenen bewohnten Karstdörfer des Triester Hinterlands im Gemeinderat. Seine Studien zur Geschichte und Archäologie des Küstenlands sowie die Zeitschrift „L’Istria“ bildeten die Grundlage für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit Triest und seiner Umgebung. Dank K.s internationalem Ruf bemühte sich Theodor Mommsen erfolgreich, ihn als Mitarbeiter für das „Corpus Inscriptionum Latinarum“ zu gewinnen. 1853 wurde K. zum Konservator der Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale für das Küstenland ernannt, im selben Jahr erfolgte auch seine Aufnahme als w. Mitglied in die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien. Er war daneben Mitglied der Turiner Akademie sowie k. Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom.