Kleinfercher, Johann; Ps. Fercher von Steinwand (1828-1902), Schriftsteller

Kleinfercher Johann, Ps. Fercher v. Steinwand, Dichter und Schriftsteller. * Steinwand im Mölltal (Kärnten), 22. 3. 1828; † Wien, 7. 3. 1902. Zunächst Viehhirt, stud. er 1849/50 an der Univ. Graz Jus, 1852–57 an der Univ. Wien Geschichte, Geographie, Kunstgeschichte, klass. Philol. 1851 vollendete er sein erstes Schauspiel. 1852 wurde er in die literar. interessierte Familie seines Arztes aufgenommen, nachdem er durch eine Typhuserkrankung für dauernd leidend geworden war. Ab 1854 veröff. er Gedichte und verschiedene Abhh. in Z. und Ztg. Durch Mithilfe seiner Freunde wurde ihm 1858/59 eine Reise durch Deutschland und ein Aufenthalt in Dresden ermöglicht. Ab 1862 lebte K. in Perchtoldsdorf, von seinen Pflegeeltern und dem Anatomen Hyrtl (s. d.) und dessen Gattin Auguste H. (s. d.) gefördert. 1879 übersiedelte K. nach Wien und veröff. zunächst einen Teil seiner lyr. und ep. Dichtungen. 1892 trat er an die Spitze der „Iduna“ und wirkte literar. auch in Studentenkreisen. Außer seinen lyr., ep. und dramat. Werken und Spruchdichtungen schrieb er Musikberr. für die Z. „Lyra“; vor materieller Not bewahrten ihn ein Legat Hyrtls und die Ehrengabe des Wr. Zweigver. der dt. Schillerstiftung. Im Gesamtwerk bekannte sich K. zur dt. Klassik und Romantik, im besonderen zu Kleist und Grabbe als Vorbilder für die Dramengestaltung. An der vielberufenen „Natur“ des zeitgenöss. literar. Schaffens kritisierte er scharf das Fehlen geistiger Zusammenhänge und der inneren Mitte. K. versuchte sich immer wieder im Drama als der entsprechenden Form für seine leidenschaftlich bewegte ideale Gesinnung; seine Gestaltungskraft lag jedoch im lyr. und ep. Ausdruck. K.s Dramen sind gedanklich überlastet und nicht bühnenwirksam. Als einziges wurde „Dankmar“ auf einer Studentenbühne gespielt und 1867 mit einem vom Parlament gestifteten Staatspreis ausgezeichnet. In seinen bilderreichen und klangvollen Versen gab K. eine Fülle edlen Gedankengutes in künstler. feinstgeschliffenen Formen. Heimat und Volkstum waren ihm das „Geschenk der Kraft“, dem er sich im Bekenntnis zur besonderen österr. Eigenart immer verbunden zeigte.

W.: Dankmar (Drama), 1867; Gräfin Seelenbrand (satir. Versdichtung), 1874; Dt. Klänge aus Österr. (Gedichte), 1881; Johannisfeuer (Gedichte), 1898; Kryptofloren (Poet. Spruch- und Tagebuch), 1904; mehrere Dramen (Drahomira, Kg. Chunrad, Ungarschlacht, Der Thronwechsel, Berengar, Prometheus) sowie zwei unvollendete Epen (Ahasver, Der Geisterzögling) erschienen erst in der Gesamtausgabe: Sämtliche Werke, hrsg. von J. Fachbach und E. v. Lohnbach, 1903.
L.: N.Fr.Pr. vom 7. und 8. 3. 1902, vom 2. 8. 1903 und 1. 10. 1905; Wr.Ztg. vom 8. 3. 1902; Dt.Ztg. (Wien) vom 17. 10. 1905; Dt. Volksbl. (Wien), 1905, n. 5955, n. 5958; Carinthia 1, Jg. 92, 1902, S. 101 ff.; R. Wagner, F. v. St., Diss. Wien, 1910, E. Winkler, J. F. v. St., Leben und Werke. Diss. Innsbruck, 1925; ders., F. v. St. im Leben und in der Dichtung, 1928; Biogr. Jb., 1905; Brümmer; Giebisch–Pichler–Vancsa; Kosch; Kürschner, 1902; Nagl–Zeidler–Castle, 3 und 4, s. Reg.; F. Wienstein, Lex. der kath. dt. Dichter, 1899, S. 192; Kosch, Das kath. Deutschland.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 3 (Lfg. 15, 1965), S. 387f.
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