Knepler, Paul (1879–1967), Librettist und Verleger

Knepler Paul, Librettist und Verleger. Geb. Wien, 29. 10. 1879; gest. ebd., 17. 12. 1967 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); mos. Sohn von Moriz Knepler (geb. 1831; gest. Wien, 5. 1. 1894), der in Wien eine Meerschaum-Rauchwaren-Erzeugung betrieb, und Pauline Knepler, geb. Weiseles (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 28. 9. 1840; gest. Wien, 16. 3. 1926), Bruder des Impresarios, Musikverlegers und Zauberkünstlers Bruno Knepler sowie des Musikalienhändlers Hugo Knepler (geb. Wien, 11. 8. 1872; gest. KZ Auschwitz, Deutsches Reich/PL, 13. 4. 1944), der 1916 den Paul Knepler Verlag übernahm, Vater des Musikwissenschaftlers Georg Knepler (geb. Wien, 21. 12. 1906; gest. Berlin, D, 14. 1. 2003), des musikalischen Direktors des Theaters deutschsprachiger Emigranten Das Laterndl in London sowie Gründers und Rektors der Deutschen Hochschule für Musik in Berlin; ab 1905 mit der Wienerin Elise Kohn verheiratet. – K.s Eltern waren kulturell sehr interessiert und ermöglichten ihren Kindern Klavierunterricht sowie Theater-, Opern- und Konzertbesuche. K. schlug nach Absolvierung der Handelsakademie zunächst eine Laufbahn als Bankbeamter ein. 1902 verpflichtete er sich als Einjährig-Freiwilliger zum Militär, wurde 1903 Leutnant der Reserve und als solcher neun Jahre später aus dem Dienst entlassen. Bereits 1905 übernahm er die Wallishausser’sche Buchhandlung von Adolf W. Künast, ab 1908 war er auch Mitinhaber der Buchdruckerei Knepler & Schlesinger. Daneben beschäftigte er sich mit Musik und Schriftstellerei. 1911 verfasste er seinen ersten Liedtext zu →Josef Straußʼ Walzer „Dorfschwalben aus Österreich“. Die dadurch bedingte Vernachlässigung seiner Geschäfte führte zu finanziellen Engpässen. 1917 kam es zum Prozess wegen Betrugs. K. wurde vom Divisionsgericht als Mitschuldiger zu eineinhalb Jahren schweren Kerkers verurteilt. Kurz zuvor zum Oberleutnant ernannt, verlor er auch seine Offizierscharge und wurde zum Landsturmbezirkskommando Nr. 1 transferiert, wo er bis Oktober 1918 verblieb. Danach ging K. seinen künstlerischen Neigungen nach und vertonte mit Hilfe eines Arrangeurs ein Wiener Singspiel über →Josefine Gallmeyer, dessen Libretto er selbst verfasst hatte. Die Uraufführung von „Josefine Gallmeyer“ im Wiener Bürgertheater im März 1921 mit nahezu 300 Aufführungen war ein Überraschungserfolg. Sein drittes Libretto über den Geigenvirtuosen Nicolò Paganini wurde →Franz Lehár zugespielt, der umgehend mit der Komposition begann. K. wurde in der Folge für Lehár zum bevorzugten Librettisten seines Spätwerks, ebenso für Oscar Straus, mit dem er „Drei Walzer“ schrieb, unter dem Titel „Trois Valses“ in Frankreich ein Klassiker. Seine größten Erfolge hatte K. mit der Neufassung zweier weitgehend vergessener Operetten →Karl Millöckers. Zusammen mit dem Komponisten Theo Mackeben gestaltete er 1931 „Gräfin Dubarry“ für die damals gefeierte Operettendiva Gitta Alpár zu „Die Dubarry“ um. Im selben Jahr kam auch K.s Version des „Gasparone“ heraus, die er mit dem Komponisten Ernst Steffan für →Leo Slezak schrieb. Nach dem „Anschluss“ Österreichs floh K. mit seiner Frau nach Lugano und später nach Zürich. Im Februar 1939 folgten sie ihrem bereits fünf Jahre zuvor nach London emigrierten älteren Sohn Georg Knepler, wo K. Anschluss im Austrian Centre, einem Kulturzentrum für Emigranten, fand. K. gehörte dem Vorstand an und wirkte am Programm des Kabaretts Laterndl mit, konnte hingegen im englischen Theater nicht Fuß fassen. Mit Straus und dessen letzter Operette „Die Musik kommt“ erzielte er 1948 noch einen letzten Nachkriegserfolg. 1954 kehrte er aus familiären Gründen nach Wien zurück.

Weitere Werke (s. auch Gänzl): Wenn der Hollunder blüht, 1924 (Text und Komposition). – Opernlibretti: Bei der Wirtin Rosenrot, 1931 (Musik: L. Ascher); Die Toni aus Wien, 1931 (Musik: E. Steffan); Tanz durchs Leben, 1932 (Musik: R. Düringer); Der verlorene Walzer, 1933 (gem. mit I. M. Welleminsky, Musik: R. Stolz); Die lockende Flamme, 1933 (gem. mit I. M. Welleminsky, Musik: E. Künneke); Giuditta, 1934 (gem. mit F. Löhner-Beda, Musik: F. Lehár); Kaiserin Josephine, 1936 (gem. mit G. Herczeg, Musik: E. Kálmán); Ihr erster Walzer, 1948 (gem. mit A. L. Robison und R. Gilbert, Musik: O. Straus); Lamparilla, 1955 (Neubearbeitung der spanischen Operette El barberillo di Lavapiés von F. A. Barbieri); Rhapsodie der Liebe, 1963 (Musik: N. Dostal). – Lieder: Das kann der Wille des Schöpfers nicht sein!, 1927 (Musik: R. Fall); Holde Dorothee, 1927 (Musik: R. Fall); Ja, die Liebe der Studenten, 1931 (Musik: L. Ascher).
L.: Czeike; Giebisch–Gugitz; oeml; Riemann; R. Österreicher, E. Kálmán, 1954, s. Reg.; B. Grun, Kulturgeschichte der Operette, 1961, s. Reg.; M. G. Hall, Österreichische Verlagsgeschichte 1918–38, 2, 1985, s. Reg.; Österreicher im Exil. Großbritannien 1938–45, bearb. W. Muchitsch, 1992, s. Reg.; K. Gänzl, The Encyclopedia of The Musical Theatre, 1994 (mit W.); St. Frey, „Was sagt ihr zu diesem Erfolg“. F. Lehár und die Unterhaltungsmusik des 20. Jahrhunderts, 1999, s. Reg.; S. Trampuz, „Ein ewiges Warten auf die Stunde des Wiedersehens“. Il carteggio tra E. Kálmán e P. K. negli anni dellʼesilio (1938–49), phil. Diss. Trieste, 2000; N. Linke, F. Lehár, 2001, s. Reg.; St. Frey, „Unter Tränen lachen“. E. Kálmán, 2003, s. Reg.; Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (online, Zugriff 16. 3. 2017); KA, Wien.
(St. Frey)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)