Kobler, Franz (1882–1965), Jurist und Schriftsteller

Kobler Franz, Jurist und Schriftsteller. Geb. Jungbunzlau, Böhmen (Mladá Boleslav, CZ), 18. 12. 1882; gest. Berkeley, California (USA), 12. 5. 1965; mos. Sohn des Großkaufmanns Josef Kobler und von Katharina Kobler, geb. Schwarz. – K. begann 1900 ein Jusstudium in Prag, das er 1902–03 in Wien und später in Berlin fortsetzte; 1906 Dr. jur. der deutschen Universität Prag. Danach lebte er als Rechtsanwalt in Wien. K., der bereits als Gymnasiast in Jungbunzlau zionistisch aktiv gewesen war, gehörte in Prag dem zionistischen Studentenverein Bar Kochba an. Bereits vor dem 1. Weltkrieg gründete er in Wien die Freie Juristische Vereinigung und engagierte sich in der von →Julius Ofner gegründeten Gesellschaft für Soziales Recht. 1909–13 gab er die dreizehnbändige Reihe „Das Recht. Sammlung von Abhandlungen für Juristen und Laien“ heraus und veröffentlichte die Studie "Recht und Unrecht der Ausweisung. Dargestellt auf Grund der österreichischen Gesetzgebung und Praxis" (o. J.). 1919 war er Präsident des u. a. von →Robert Müller begründeten, kurzlebigen Bundes der geistig Tätigen und einer der Schriftleiter von dessen Zeitschrift "Der Strahl" (1919–20). Im Auftrag der Internationale der Kriegsdienstgegner gab er 1928 den Sammelband „Gewalt und Gewaltlosigkeit. Handbuch des aktiven Pazifismus“ heraus, an dem u. a. Mahatma Gandhi, Romain Rolland und Stefan Zweig mitarbeiteten. In Wien war K. Mitglied des zionistischen Landeskomitees für Österreich, des Herzl-Klubs und der Bʼnai Bʼrith-Loge Die Wahrheit. Er publizierte u. a. in der Zeitschrift „Der Friede“ und in dem zionistischen Organ "Die Stimme". K. und seine Frau Dora (Dvoira) Kobler, geb. Feigenbaum (geb. Warschau, Russland / Warszawa, PL, 30. 11. 1881; gest. März 1960), versammelten in Wien einen Kreis von Schriftstellern, Künstlern, Musikern und Juristen um sich, dem u. a. Felix Braun, →Hans Kelsen, Viktor Matejka, →Otto Stoessl und Ernst Waldinger angehörten. 1935 veröffentlichte K. die umfangreiche Anthologie "Juden und Judentum in deutschen Briefen aus drei Jahrhunderten“ (Nachdruck 1984) und im Februar 1938 den Band "Jüdische Geschichte in Briefen aus Ost und West – das Zeitalter der Emanzipation". Im März 1938 wurden er und sein einziger Sohn Richard Kobler verhaftet. K. kam nach drei Monaten frei, flüchtete nach Zürich und im März 1939 nach London, wo er am Institute of Jewish Learning unterrichtete. Seine wertvolle Kunstsammlung und Bibliothek verblieben in Wien. K. gehörte dem Cultural and Legal Advisory Committee der britischen Sektion des Jüdischen Weltkongresses an, war ehrenamtlicher Sekretär des Austrian P.E.N.-Club und arbeitete u. a. zusammen mit Franz Rudolf Bienenfeld an den legistischen Grundlagen des späteren Nürnberger Prozesses. 1947 zog K. in die USA, wo er weiter an historischen Studien arbeitete.

Weitere W. (s. auch Lexikon deutsch-jüdischer Autoren): Völkerfrühling in Österreich, gem. m. F. Ottmann, 1916; Platon. Das Gastmahl, ins Deutsche übertragen und szenisch bearbeitet (gem. m. E. Müller), 1932; The Vision Was There. A History of the British Movement for the Restoration of the Jews to Palestine, 1956; Napoleon and the Jews, 1976. – Ed.: Her Children Call Her Blessed. A Portrait of the Jewish Mother, 1955.
L.: Bolbecher–Kaiser; Enc. Jud.; Hall–Renner; E. Adunka, F. K. (1882–1965), in: Menora, Jahrbuch für deutschjüdische Geschichte 5, 1994, S. 97–121; A. A. Wallas, Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich 1–2, 1995, s. Reg.; Lexikon deutsch-jüdischer Autoren 14, 2006 (m. W.); IKG, UA, WStLA, alle Wien; UA, Praha, CZ; Mitteilung Marie Makariusová, Praha, CZ.
(E. Adunka)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)