Koplenig, Hilde; geb. Oppenheim (1904–2002), Historikerin, Journalistin und Juristin

Koplenig Hilde, geb. Oppenheim, Historikerin, Journalistin und Juristin. Geb. Karolinenthal, Böhmen (Praha, CZ), 31. 8. 1904; gest. Wien, 16. 4. 2002; mos. Tochter von →Samuel Oppenheim und Helene Oppenheim, geb. Löbl, ab 1928 Ehefrau des kommunistischen Politikers Johann Koplenig (1891–1968), Mutter der Übersetzerin Elisabeth Markstein (geb. Wien, 1929). – K. besuchte ab 1915 das Cottage-Lyzeum sowie die Schwarzwaldschule in Wien und studierte nach der Matura 1922 Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Wien, wobei sie 1924 ein Auslandssemester an der Universität Zürich absolvierte; 1927 Dr. rer. pol. mit einer Dissertation „Über die staatsrechtliche Regelung der Bauernfrage in der Französischen Revolution“ bei →Max Adler und →Hans Kelsen. Sie nahm außerdem an einem Kurs an der Sozialakademie in Wien teil, den sie mit dem Fürsorgerinnendiplom abschloss. K., die 1922 der Sozialistischen Arbeiterjugend beigetreten war, wechselte 1924 zur Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und war 1927–28 am Marx-Engels-Institut in Moskau tätig. Danach wieder in Wien, arbeitete sie 1931–33 als Sekretärin bei der Handelsvertretung der UdSSR. Nach dem Verbot der KPÖ 1933 flüchtete das Ehepaar nach Prag – wo K. ihren Mann als Sekretärin unterstützte –, 1938 nach Paris und von dort 1939 nach Moskau. In dieser Phase kamen bei ihr erste Zweifel an der Politik der Partei auf, u. a. wegen der stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion sowie des Hitler-Stalin-Pakts 1939. 1941 nach Nižnij Novgorod evakuiert, lebte K. mit ihren Kindern im Ferienkinderheim eines Großbetriebs und war daneben u. a. Assistentin der dort praktizierenden Kinderärztin. Ende 1942 konnte sie nach Moskau zurückkehren und war dort ab 1943 für den österreichischen Sender von Radio Moskau unter Walter Fischer, aber auch schriftstellerisch und herausgeberisch tätig. 1945 kam K. nach Wien zurück, wo sie 1946–64, trotz zunehmender Distanz zur Politik der KPÖ und der Sowjetunion, der Redaktion der kommunistischen Tageszeitung „Volksstimme“ und jener der Zeitschrift „Stimme der Frau“ angehörte. Nach ihrer Pensionierung 1964 arbeitete sie u. a. an der Zeitschrift „Wiener Tagebuch“ unter Franz Marek mit und publizierte zu Themen der Französischen Revolution, so die Studie „Geburt der Freiheit. Gestalten und Ereignisse, Frankreich 1779–1794“ (1964) oder die gemeinsam mit Walter Grab herausgegebene Sammlung „Die Debatte um die Französische Revolution“ (1975). Schon 1959 hatte sie Evgenij V. Tarlés „Napoleon“ aus dem Russischen übersetzt. Wichtig war ihr auch die Aufarbeitung der Biographie ihres Mannes, der sie zwei Artikel widmete.

Weitere W. (s. auch Wissenschafterinnen; Röwekamp): Johann K.: Kriegsgefangenschaft und Revolution 1915–1920, in: Zeitgeschichte 5, 1978; Johann K. – der Beginn 1891–1927, ebd. 8, 1981; „... genug Geschichte erlebt“. H. K. (1904–2002). Erinnerungen, ed. I. Korotin – K. Nusko, 2008 (m. B. u. L.); etc.
L.: Hdb. der Emigration 1; H. Embacher, Außenseiterinnen: bürgerlich, jüdisch, intellektuell – links, in: LʼHomme 2, 1991, H. 2, S. 57–76; W. Grab, Meine vier Leben, 1999, s. Reg.; Wissenschafterinnen in und aus Österreich, ed. B. Keintzel – I. Korotin, 2002 (m. W.); M. Röwekamp, Juristinnen. Lexikon zu Leben und Werk, 2005 (m. B., W. u. L.); E. Markstein, Moskau ist viel schöner als Paris, 2010, bes. S. 81–85 (m. B.).
(M. Röwekamp)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)