Kratter, Julius (1848-1926), Mediziner

Kratter Julius, Mediziner. * Deutschlandsberg (Stmk.), 6. 4. 1848; † Graz, 19. 5. 1926. Stud. an der Univ. Graz Med., 1874 Dr.med., 1875 Ass. am Inst. für Staatsarzneikde., 1881 Priv.-Doz. für öff. Gesundheitspflege, 1884 Priv.-Doz. für die gesamte Staatsarzneikde. an der Univ. Graz, 1887 o. Prof. für Gerichtliche Med. und Hygiene an der Univ. Innsbruck. 1892–1919 o. Prof. für Gerichtliche Med. an der Univ. Graz. Vorsitzender des steiermärk. Landes-Sanitätsrates. Nach Übersiedlung in das neue Institutsgebäude (1899) gründete er mit Unterstützung seines Freundes, des Nobelpreisträgers F. Pregel, die damals modernste chem. Abt. K., dessen wiss. Werk ca. 100 Veröff. umfaßt, beschäftigte sich zuerst mit Problemen der öff. Gesundheitspflege und führte einen temperamentvollen Kampf für die Leichenverbrennung. In einer zweiten Gruppe von Arbeiten, vorwiegend nach 1880, widmete er sich immer mehr den Problemen der gerichtlichen Medizin, vor allem dem Tod durch Elektrizität, über den er eine Monographie herausgab, die jahrzehntelang richtunggebend war. Eine dritte Gruppe von Arbeiten zeigt seine Vorliebe für toxikolog. Fragen. Daneben veröff. er mehrere Artikel in Handb. über Geburtsverletzungen, Fruchtabtreibung, Kindesmord und Sexualdelikte, beschäftigte sich mit den forens. Blutuntersuchungen und führte die van Deansche Vorprobe auf Blut ein. Mit seinem Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, in dem er seine Lebenserfahrung niederlegte, setzte er sich ein bleibendes Denkmal. K. betrieb aber auch den klin. Teil der gerichtlichen Med. einschließlich der gerichtlichen Psychiatrie und zählte Krafft-Ebing (s. d.) zu seinen Freunden. Er schuf eine anatom. Smlg. von 500 Präparaten, eine toxikolog. Smlg. mit 680 und eine Bibl. mit 1050 Nummern. Wenn auch die von dem vorwiegend chem. interessierten Schaunstein 1867 in Graz neu gegründete Schule infolge des verschiedenen Beobachtungsmaterials anders orientiert war als die Wr. Schule mit ihrem reichlichen Leichenmaterial, so hatte K.s enzyklopäd. Auffassung des Faches zu dessen weiterer Entwicklung besonders beigetragen.

W.: Stud. über Adipocire, in: Z. für Biol., 1880; Die Organisation der öff. Gesundheitspflege und die Sterblichkeit in Österr., in: Mitt. des Ver. der Ärzte Stmk., 1880; Der alpine Cretinismus, insbesondere in der Stmk., 1884; Stud. über Trinkwasser und Typhus …, 1886; Die Aufgabe der gerichtlichen Med. in Lehre und Forschung, in: Wr. klin. Ws., Jg. 5, 1892; Über die Schicksale der Leichen im Erdgrabe, Sonderabdruck aus Phönix, 1895, 11. Aufl. 1907; Der Tod durch Elektricität, 1896; Die Gefahren des elektr. Betriebes ( = Volksschriften der österr. Ges. für Gesundheitspflege 13), 1901; Beitrr. zur Lehre von den Vergiftungen, in: Archiv für Kriminal-Anthropol. und Kriminalistik, 1904, selbständig, 1906; Leichenwesen, in: Th. Weyl, Hdb. der Hygiene, 2. Aufl., Bd. 2, Abt. 2, 1912; Lehrbuch der gerichtlichen Med., 2 Bde. (Bd. 2: Gerichtsärztliche Praxis. Lehrbuch der gerichtlichen Med.), 1912–19, 2. Aufl. Bd. 1, 1921; etc.
L.: Fischer, S. 815; Pagel; Kürschner, Gel. Kal., 1926; G. Berka, 100 Jahre dt. Burschenschaft in Österr., 1959, S. 99.
(Breitenecker)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 18, 1968), S. 217f.
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