Kremer Alfred Frh. von, Orientalist und Diplomat. * Wien-Penzing, 13. 5. 1828; † Wien-Döbling, 27. 12. 1889. Sohn des Folgenden, Neffe des Beamten und kameralist. Schriftstellers Alois K. v. A. (s. d.); besuchte das Akad. Gymn., stud. dann Jus an der Univ. Wien und gleichzeitig oriental. Sprachen an der Oriental. Akad. Nach Beendigung seiner Stud. unternahm er 1849–51 im Auftrage der k. Akad. der Wiss. eine Reise nach Syrien und Ägypten, um dort nach arab. Handschriften zu suchen, wobei er u. a. eine Hs. des frühen arab. Historikers al-Wāqidī (854) entdeckte. Nach seiner Rückkehr war er für kurze Zeit am Polytechnikum in Wien als Prof. des Vulgärarab. tätig und trat 1852 in den diplomat. Dienst, der ihn bis 1872 über Dolmetscher- und Consulartätigkeit in Alexandrien, Kairo und Galatz schließlich als Generalkonsul nach Beirut führte. Die wiss. Erfahrungen dieser Wanderjahre legte er in einer Reihe von für seine Zeit grundlegenden Darstellungen der polit., wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in Syrien und Ägypten nieder. Nach Wien zurückgekehrt wurde er Min.-Rat im k. u. k. Min. des Äußeren und fungierte 1876–80 als Vertreter Österr. in der ägypt. Staatsschulden-Komm. Juni 1880 bis Jänner 1881 Handelsmin. im Kabinett Taaffe. Für seine kurze Amtsführung sind besonders kennzeichnend die grundlegenden Einleitungen zur Errichtung der Postsparkassa (1883) und zum Abschluß des Vertrages über die Einlösung der Kn.-Elisabeth-Westbahn. Nach seinem Ausscheiden lebte er ganz seinen wiss. Forschungen. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1878 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, 1882 Frh. Eine einzigartige Verbindung von prakt. Kenntnis des Orients, vorzüglicher Sprachkenntnisse, großer polit. Erfahrung und eines tiefen geschichtlichen Verständnisses befähigten K. zum Begründer der islam. Kulturgeschichte zu werden. Ausgehend von den religiösen und philosoph. Auseinandersetzungen im frühen Islam, die er 1868 zum erstenmal darstellte, über die „Kulturgeschichtlichen Streifzüge auf dem Gebiete des Islam” (1873), veröff. er seine noch heute unentbehrliche „Kulturgeschichte des Orients unter den Kalifen” (2 Bde., 1875–77) und die erstmalige Edition eines muslim. Staatsbudgets. Als erster erkannte er auch die einzigartige Bedeutung des philosoph. Dichters Abul-’alā’ al-Ma’arry. Neben diesen grundlegenden Arbeiten veröff. K. noch zahlreiche wichtige Untersuchungen zu lexikograph. literarhist. und geograph. Problemen.