Lazar, Erwin (1877-1932), Pädiater

Lazar Erwin, Pädiater. * Wien, 7. 1. 1877; † Wien, 4. 4. 1932. Stud. nach Absolv. des Schottengymn. ab 1895 Med. an der Univ. Wien, 1901 Dr.med. L. wirkte nach gründlicher pädiatr. Ausbildung am St.-Anna-Kinderspital bei Th. Escherich in Wien und war ab 1906 als ehrenamtlicher psychiatr.-pädagog. Sachverständiger im Pestalozziver. tätig. Als 1911 Cl. Frh. v. Pirquet die neue Wr. Kinderklinik bezog, wurde hier gleichzeitig eine „Heilpädagogische Station“ zur Erforschung und Behandlung aller neurolog., nervösen und seel. Störungen des Kindesalters gegründet, die erste derartige Arbeitsstätte der Welt im Rahmen einer Kinderklinik. Die Leitung übernahm L., der dieser Abt. über Österr. hinaus Ansehen verschaffte. L. habil. sich 1917 für Kinderheilkde., 1929 tit. ao. Prof., und wurde 1918 als heilpädagog. Konsulent in das Min. für soziale Verwaltung berufen. Dort widmete er sich der Reorganisation der Anstaltsfürsorge, als deren Grundlagen er die Schaffung einheitlicher Erziehungsgruppen nach heilpädagog. Gesichtspunkten und den Ersatz des Aufsichtspersonals durch pädagog. geschulte Erzieher ansah. Seine Arbeiten wurden für die spätere Entwicklung der Fürsorgeanstalten richtungweisend. Schon früh beschäftigte er sich mit dem Hilfsschulproblem, stellte gem. mit F. Tremel Richtlinien für eine Intelligenzprüfung auf und arbeitete auch über Berufsberatung psych. defekter Jugendlicher. L., der als Psychopathol. des Kindes und Pionier der modernen Heilpädagogik internationales Ansehen genoß, hatte schon 1911 das Komitee für Jugendgerichtshilfe geschaffen und nahm nach eingehenden Stud. über Jugendkriminalität entscheidenden Einfluß auf die Gestaltung des österr. Jugendstrafrechtes, das als eines der fortschrittlichsten seiner Zeit galt.

W.: Über psych. abnorme Kinder, in: Mitt. der österr. Ges. für Schulhygiene 4, 1913; Über kindliche Selbstmörder, gem. mit E. Redlich, in: Zwanglose Abhh. aus den Grenzgebieten der Pädagogik und Med., H. 3, 1914; Die klin.-pädagog. Auswertung der Ergebnisse von Prüfungen bei Hilfsschulkindern, gem. mit F. Tremel, in: Z. für Kinderheilkde., Bd. 32, 1922; Berufsberatung für psych. defekte Jugendliche, 1924; Med. Grundlagen der Heilpädagogik für Erzieher, Lehrer, Richter und Fürsorgerinnen, 1925; Über Arbeitsunfähigkeit bei schulentlassenen Mädchen, gem. mit Th. Bettelheim-Stein, in: Z. für Kinderheilkde., Bd. 43, 1927; Probleme der forens. Jugendpsychiatrie, in: Abhh. aus dem jurist.-med. Grenzgebiete 5, 1927; etc. Red.: Heilpädagog. Schul- und Elternztg., gem. mit E. Lorenz und F. Pulzer, 1910 ff.
L.: N. Wr. Tagbl. vom 5. 4., AZ vom 6. 4. 1932; Wr. klin. Ws., Jg. 45, 1932, S. 537 f.; WMW, Jg. 82, 1932, S. 514 f.; Z. für Kinderschutz, Familien- und Berufsfürsorge, Jg. 24, 1932, S. 42 f.; Z. für Kinderforschung, Bd. 40, S. I ff., 211 ff.; Fischer, Bd. 2, S. 874 f.; Mitt. H. Asperger, Wien.
(Red.)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 21, 1970), S. 56
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