Leitner, Karl Gottfried von (1800-1890), Schriftsteller und Historiker

Leitner Karl Gottfried von, Schriftsteller und Historiker. * Graz, 18. 11. 1800; † Graz, 20. 6. 1890. Stud. ab 1818 an der Univ. Graz zuerst Phil. und anschließend Jus; 1824 schloß er sein Rechtsstud. ab, jedoch ohne Neigung, diesen Beruf auszuüben. Schon während seiner Hochschulzeit hatte L. lyr. Dichtungen verfaßt und veröff. und eine Studentenztg. mithrsg.; 1824 nahm er eine provisor. Lehrstelle in Cilli und 1825 in Graz an. Als Schriftsteller suchte und fand L. Verbindung mit Castelli (s. d.), Grillparzer (s. d.), J. G. Seidl, Frh. von Zedlitz u. a.; er war Red.-Mitgl. der 1821 gegründeten „Steiermärkischen Zeitschrift“ und Mitarbeiter der „Wiener Zeitung“. Gefördert von J. Kalchegger v. K. (s. d.) und J. Frh. v. Hammer-Purgstall (s. d.), wurde L. 1835 in den stmk. Ständedienst aufgenommen, in dem er 1837–54 als 1. Sekretär tätig war. Ab 1850 gehörte er der rechts- und staatswiss. Prüfungskomm. für allg. und österr. Geschichte an. L. war Mitgründer des innerösterr. Geschichtsver. und des 1850 daraus hervorgegangenen Geschichtsver. für die Stmk. 1858 ernannte Erzh. Johann (s. d.) L. zu einem der drei Kuratoren des Joanneums. 1859 gründete L. in Graz eine Zweigstelle der Dt. Schillerstiftung. 1880 wurde er Dr. phil.h.c. der Univ. Graz. In persönlicher Verbindung mit allen bedeutenden Kulturschaffenden der Stmk. erwarb sich L. als Schriftsteller und Heimatforscher sowie in seinem Beruf als Landtagsbeamter durch Gründungen und Förderungen von Bildungsanstalten große Verdienste um seine engere Heimat. Darüber hinaus fand L.s dichter. Schaffen Anerkennung im gesamtdt. Raum. Seine gedankenreiche und zugleich anschaulich-einfache Lyrik sprach alle Schichten an. Seine zumeist aus hist. Stoffen geformten Balladen und Romanzen verdichtete L. zu Kurzformen von dramat. Wirkung; sie sind als durchaus selbständige Schöpfungen den Werken seiner nie verleugneten Vorbilder (besonders L. Uhland und J. Kerner) ebenbürtig. Die Harmonie von tiefsinnigem Gehalt und reinen Versformen in L.s Lyrik gab vielfache Anregungen zur Vertonung, so vor allem durch F. Schubert. P. Rosegger schätzte besonders das spätere lyr. Werke L.s. Seine Spruchweisheit ist lebensverbundenes und naturnahes Bekenntnis zu der als Liebe wirkenden Wesenheit Gottes. Als Prosaschriftsteller bewährte sich L. auch in einzelnen Novellen, hist. und topograph. Aufsätzen sowie als Biograph. Die Lebensgeschichte Erzh. Johanns schrieb er auf Grund der ihm von diesem zur Verfügung gestellten autobiograph. Aufzeichnungen.

W.: Gedichte, 1825, 2. Aufl. 1857; Styria und die Kunst (Festspiel), 1825; Kg. Tordo (Drama), 1830; Leonore (Oper), gem. mit A. Hüttenbrenner, 1835; Erzh. Johann (Biographie), 1860; A. Hüttenbrenner. Eine nekrolog. Skizze, 1868; Herbstblumen. Neue Gedichte, 1870; Novellen und Gedichte, 1880; Gedichte. Ausgewählt, hrsg. und mit einer biograph. Einleitung von A. Schlossar, o. J.; Gedichte und Abhh. in Z., Ztg., Anthol. etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 21. 6. 1890, 29. 7. und 21. 11. 1900 und 31. 7. 1901; Wr. Ztg. und Grazer Tagbl. vom 20. 6. 1900; Grazer Tagespost vom 19. 6., 17. und 20. 11. 1900, 20. 6. 1901; Mitt. des hist. Ver. für die Stmk., H. 61, 1893, S. 175 ff.; Allg. Kunstchronik, 1895, S. 419 ff.; Jb. der Grillparzer-Ges. 6, 1896, S. 3 ff.; Der Kyffhäuser 2, 1900, S. 348 ff.; J. Goldscheider, C. G. R. v. L., 1880; Giebisch–Gugitz; Giebisch–Pichler–Vancsa; Goedeke, Bd. 12, S. 255; Kosch; J. Nadler, Literaturgeschichte Österr., 2. Aufl. 1951, S. 258; Nagl–Zeidler–Castle 3, 4, s. Reg.; R. M. Werner, Vollendete und Ringende. Dichter und Dichtungen der Neuzeit, 1900; Stmk., Land, Leute, Leistung, 1956, S. 260; Wurzbach; Kosch, Das kath. Deutschland; ADB; A. E. Schönbach, Ges. Aufsätze zur neueren dt. Literatur, 1900.
(Hanus)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 22, 1970), S. 119f.
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