Leonhardt, Gustav von (1838-1891), Bankfachmann

Leonhardt Gustav von, Bankfachmann. * Graz, 8. 1. 1838; † Wien, 7. 4. 1891. Sohn des Vorigen; trat am 16. 7. 1857 in den Dienst der damaligen privilegierten österr. Nationalbank. 1869 wurde er zum Sekretär-Stellvertreter und 1870 zum Sekretär der Bank ernannt. Als treuer Mitarbeiter des Gen.-Sekretärs W. v. Lucam konnte er an der Umgestaltung des österr. Noteninst. in die Österr.-ung. Bank mitarbeiten. Am 12. 12. 1878 wurde er an Stelle von Lucam, der zum österr. Vizegouverneur des neuen Inst. berufen worden war, zum Gen.-Sekretär der Österr.-ung. Bank ernannt. L. war mit der prakt. Durchführung der durch den Übergang zur dualist. Monarchie notwendig gewordenen Umgestaltung des Noteninst. betraut. An Lucams Linie der Einheit des Inst. und der Einheit der Währung hielt er unentwegt fest, doch legte er das Hauptgewicht seiner Tätigkeit auf die Ausgestaltung des Eskontgeschäftes. Über seine Initiative wurde das Gesamtgebiet der österr.-ung. Monarchie in 40 Bankbezirke eingeteilt mit je einer Bankfiliale als Mittelpunkt und einigen Nebenstellen. Die Gesamtzahl der Bankplätze betrug bei seinem Tod 183. Durch diese Dezentralisierung war es möglich, den Bankkredit den breitesten kaufmänn. Schichten zugänglich zu machen, wodurch sich freilich oft Schwierigkeiten ergaben, da die Notenausgabe fest kontingentiert war. Durch das neue Bankprivilegium von 1887 versuchte L., der auch das bekannte, noch heute bestehende Nachschlagewerk „Compass“ gründete, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Sein unbestrittenes Verdienst ist, immer für gute Beziehungen zu Ungarn gesorgt zu haben, so daß das Noteninst. zum Unterschied von der Epoche vor 1878 nicht mehr mit der Gegnerschaft der ung. Reichshälfte zu rechnen hatte.

L.: N. Fr. Pr. und Wr. Ztg. vom 7. 4. 1891; S. Pressburger, Österr. Notenbank 1816–1966, 1966.
(Preßburger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 22, 1970), S. 144
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