Lippmann, Friedrich (1838-1903), Kunsthistoriker

Lippmann Friedrich, Kunsthistoriker. * Prag, 6. 10. 1838; † Berlin, 2. 10. 1903. Sohn eines Fabrikanten; stud. an der Univ. Prag 1856–60 Staatswiss., da sein Vater seine Neigung für Mathematik und Astronomie ablehnte. Schon während der Studienzeit und auf vielen Reisen vertiefte sich L.s Interesse für die bildende Kunst, vor allem für die Entwicklung und Geschichte des Kupferstiches. Nach dem Tode des Vaters ging er zunächst nach Dresden und über Weimar, wo er eine Stelle am neu erbauten Mus. ablehnte, nach Wien. Am 26. 11. 1867 zum Korrespondenten am Österr. Mus. für Kunst und Industrie ernannt, wo er hauptsächlich bei Neuerwerbungen für das noch nicht lange bestehende Mus. hervortrat. Am 3. 7. 1868 prov. 1., am 5. 9. 3. Kustos. Auf eigenes Ersuchen 1873–76 Kustos extra Status, um mehr Zeit für Reisen und Forschungen zu haben. 1876 wurde L. Dir. des Berliner Kupferstichkabinetts (1878 definitiver Dir., 1887 Geh. Regierungsrat), das ihm eigentlich seinen Aufstieg zu einer auch international bedeutenden Smlg. verdankt. L., der bis zu diesem Zeitpunkt sein Stud. der Kunstgeschichte noch nicht abgeschlossen hatte, mußte eine Diss. nachholen (Die Anfänge der Formschneidekunst und der Buchdruck), die er an der Univ. Tübingen vorlegte. Sein Hauptverdienst liegt vor allem im Aufbau der Smlg., die er durch zahlreiche, bedeutende Neuerwerbungen (40 Dürerzeichnungen aus der Smlg. Posonyi, die Illustrationen Botticellis zu Dantes „Divina Commedia“ aus der Bibl. des Herzogs v. Hamilton, Bll. Rembrandts aus der Smlg. Lipperheide, mehr als 3000 Handzeichnungen vor allem italien. und niederländ. Künstler aus der Smlg. v. Beckerath) bereichern konnte. L., dessen besonderes Interesse auch der mit modernen Mitteln durchgeführten Publ. und Verbreitung der bedeutenden Bestände seiner Smlg. galt — monumentale Veröff. von Handzeichnungen Dürers usw. —, war Mitbegründer der Berliner Kunstgeschichtlichen Ges.

W.: Die Zeichnungen von Sandro Botticelli zu Dantes Divina Commedia, in: Festschrift zur Silbernen Hochzeit des Kronprinzen, 1883; The Art of Wood-engraving in Italy in the Fifteenth Century, 1888; Der Kupferstich, 1893; etc.
L.: R. P. vom 6. 10. 1918; Z. für bildende Kunst, N. F., Jg. 13, 1902, S. 25 f., Jg. 15, 1904, S. 25, 81 ff.; Jb. der kgl. Preuß. Kunstsmlg., Bd. 25, 1904, S. III ff.; Kunst und Künstler, Jg. 2, 1904, S. 57 ff.; The Burlington Magazine, Bd. 4, 1904, S. 7 f.; Die Kunst, Bd. 9, 1904, S. 79; Masaryk 4; H. Möhle, Das Berliner Kupferstichkabinett, in: Jb. des Preuß. Kulturbesitzes, Bd. 5, 1968, S. 7 ff.; Zur Geschichte der kgl. Mus. in Berlin, Festschrift zur Feier ihres 50jährigen Bestehens am 3. 8. 1880, 1880; Führer durch die Staatlichen Mus. zu Berlin, 1967; W. v. Bode, Mein Leben, 2 Bde., 1930; L. Pallat, R. Schöne, Generaldir. der kgl. Mus. zu Berlin, 1959.
(Krasa–Florian)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 23, 1971), S. 239
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