Mayr von Melnhof, Franz Frh. (1810-1889), Industrieller

Mayr von Melnhof Franz Frh., Industrieller. * Leoben (Stmk.), 23. 8. 1810; † ebenda, 28. 12. 1889. Vater des Folgenden, Bruder des Industriellen Karl M. v. M. (s. d.); Sohn Franz M.s († 1847), Besitzer eines Gasthofes in Leoben sowie einiger Hämmer um Bruck a. d. Mur, der 1830 seinen Besitz durch den Ankauf des Leobener „Wasenhammers“ und mehrerer Hämmer und Hütten in Kapfenberg vermehrt hatte. Seine Bemühungen zur Einführung des Puddlingsprozesses in der Donawitzer Franzenshütte, die er gem. mit den Gewerken A. Müller und J. Schlegel 1836 errichtet hatte, waren jedoch 1838 endgültig gescheitert. Nun griff sein Sohn Franz in den Produktionsprozeß ein. Dieser hatte nach der Ausbildung am Polytechnikum Wien und an der Bergakad. Schemnitz während einer 10jährigen Tätigkeit als Montanbeamter in England einschlägige Fachkenntnisse erworben. Seine Erfolge bei der Erzeugung von Puddleeisen machten eine Erweiterung des Werkes Donawitz notwendig (Streckwalzwerk 1841, Carolihütte 1843). Durch die Errichtung einer Gußstahlfabrik in Kapfenberg wurde Österr. in steigendem Maße von engl. Importen unabhängig. Die nunmehr gemeinschaftliche Betriebsleitung ging nach dem Ableben des Vaters an Franz M. und dessen Bruder Karl über; nach dessen Ausscheiden wurde Franz 1849 Alleineigentümer. Mit dem ständigen Ausbau des Werkes (Einführung des Dampfbetriebes ab 1850, Theodorahütte 1854) wurde auch das Erzeugungsprogramm erweitert (1853 Zementstahl, 1856 Glühstahl, Vervollkommnung der Gußwaren) und der Besitz abgerundet (1855 Gösserhammer, 1857 Blechwalzwerk Gmeingrube, St. Peterhammer, Töllerlhammer). 1869 erfolgte nach längeren Versuchen die Aufstellung des ersten Schmelzofens mit Siemensscher Regenerativfeuerung. Als Erzbasis dienten gewaltige Grubenmaße am Innerberger Erzberg, Ausgangsmaterial lieferten ein Radwerk für Holzkohleroheisen in Vordernberg sowie die Seegrabener Braunkohlengruben. Im Zuge der Konzentrationsbestrebungen auf dem Gebiet der Eisenindustrie veräußerte M. 1872 seinen Industriekomplex um die gigant. Summe von 5,25 Mill. fl an die AG der Innerberger Hauptgewerkschaft, deren Gesamtbesitz 1881 in die Österr. Alpine Montanges. aufgenommen wurde. Die Kapfenberger Werke gingen 1894 an die Fa. Gebrüder Böhler über. M., der Pionier der steir. Eisenindustrie, erwarb sich auch durch seine caritativen Leistungen allg. Wertschätzung. Er errichtete ein Kinderasyl in Leoben und stiftete dem Land Stmk. Schloß Ehrnau mit einer ansehnlichen Summe zur Errichtung eines Krankenhauses. 1860 in den verstärkten Reichsrat berufen, trat er bei der Befürwortung materieller Unterstützung für die Geolog. Reichsanstalt und bei der Vertretung der Interessen der österr. Industrie in der Zollfrage hervor. M., vielfach geehrt und ausgezeichnet, wurde 1859 nob., 1867 lebenslängliches Mitgl. des Herrenhauses, 1872 Frh.

L.: Z. des steiermärk. Forstver., 1889, H. 2, S. 3 f.; Mitt. der Ges. für Salzburger Landeskde., Jg. 30, 1890, S. 277 f.; Monatsbll. des wiss. Klubs 11, 1890, S. 35; Steir. Unternehmer des 19. und 20. Jh., hrsg. von F. Tremel, in: Z. des hist. Ver. für Stmk., Sonderbd. 9, 1965, S. 5 ff.; J. Mentschl, Österr. Wirtschaftspioniere, 1959; J. Mentschl – G. Otruba, Österr. Industrielle und Bankiers, in: Österr.-Reihe, Bd. 279/281, 1965, S. 106 ff.; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1951; S. Hahn, Reichsraths-Almanach für die Session … (1873/74, 1879/80, 1885/86), 1873, 1879, 1885; O. Knauer, Das österr. Parlament von 1848–1966, in Österr.-Reihe 358/59–360/61, 1969; Wurzbach; Die Österr. Alpine Montanges. 1881–1931, hrsg. von F. Erben, M. Loehr und H. Riehl, 1931; O. Böhler, Die Geschichte der Gebrüder Böhler u. Co., 1941; 100 Jahre Böhler Edelstahl, 1970; H. Klöpfer, Das steir. Eisenbuch, hrsg. von H. Riehl, in: Steir. Eisen 1, 1937; Großind. Österr., Bd. 1, S. 200, 277; Der Bergmann – Der Hüttenmann. Gestalter der Stmk. Katalog der 4. Landesausst., Graz 1968; F. Mörth, Kapfenberg im Wandel der Zeiten, 1949; Allg. Verw. A., Wien.
(H. Stekl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 26, 1973), S. 6f.
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