Mayer, Salomon (1835-1918), Jurist

Mayer Salomon, Jurist. * Offenbach b. Frankfurt a. Main, 25. 2. 1835; † Brüssel, 3. 2. 1918. Als Advokat in Frankfurt tätig, verfaßte M. mehrere Arbeiten auf strafprozessualem Gebiet, weshalb ihn J. Glaser (s. d.) 1874 als ao. Prof. für Straf- und Strafprozeßrecht an die Univ. Wien berief. 1876 erhielt er die venia legendi für materielles Strafrecht und leitete das neugegründete kriminalist. Seminar der Univ. Bis 1879 hatte M. die Stellung eines unbesoldeten ao. Prof. inne, im selben Jahr wurde sein Gesuch auf Ernennung zum Ordinarius abgelehnt. 1889 ging M. nach Paris, wo er als internationaler Konsulent und Rechtsanwalt der österr.-ung. Botschaft bald allg. Ansehen erlangte. 1910 ließ er sich als Anwalt des internationalen Rechts in Brüssel nieder und arbeitete zahlreiche völkerrechtliche Gutachten aus. Während seiner Wr. Zeit war M. auf dem Gebiet des Straf- und Strafprozeßrechts schriftsteller. ungemein fruchtbar und beteiligte sich rege an allen Kodifikationen und vorbereitenden Arbeiten. Anhänger der dt.-fortschrittlichen Partei, war er auch polit. tätig, ohne jedoch ein Reichsratsmandat erringen zu können. In seinem „Handbuch des österreichischen Strafprozeßrechtes“, das auch unter dem Titel „Commentar zu der österreichischen Strafprozeß-Ordnung vom 23. 5. 1873“ erschien, behandelte M. umfassend die Entstehungsgeschichte des formellen Strafrechtes; das Strafprozeßrecht selbst ist in eigenwilliger Weise - ohne nämlich einen Gesetzestext zu enthalten - unter Benützung der gesamten in- und ausländ. Fachliteratur kommentiert, wobei die Ausführlichkeit der Anmerkungen besonders hervorzuheben ist. M., vielfach geehrt und ausgezeichnet, war u. a. Ehrenmitgl. der niederländ. Juristenvereinigung und korr. Mitgl. der Akad. für Jurisprudenz und Gesetzgebung in Madrid.

W.: Geschworenengerichte und Schöffengerichte, 1872; Die Reformbestrebungen auf dem Gebiet des österr. Strafprozesses und ihr vorläufiger Abschluß durch die Strafprozeßordnung vom 23. 5. 1873, 1874; Der Entwurf einer dt. Strafprozeß-Ordnung, 1874; Hdb. des österr. Strafprozeßrechtes, 4 Bde., 1876–84; Der Entwurf eines Strafgesetzes für Italien, 1877; Das ung. Strafgesetzbuch über Verbrechen und Vergehen, 1878; Der Entwurf eines Strafgesetzbuches und einer Strafprozeß-Ordnung für England, 1879; Die Reformbestrebungen auf dem Gebiet des italien. Strafprozesses, 1881; Der Entwurf eines Strafgesetzbuches für Rußland, 1883; Zur Reform der dt. Strafprozeß-Ordnung, 1885; Zur Reform des ung. Strafprozesses, 1885; Streiflichter auf den gegenwärtigen Strafprozeß nach dem Stand der wesentlichsten europ. Gesetzgebungen, 1886; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 6. 2., Wr. Ztg. vom 7. 2. 1918; Jurist. Bll., Jg. 7, 1878, S. 231, Jg. 47, 1918, S. 70; Gerichtssaal, Bd. 33, 1881 S. 491.
(Böck)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 25, 1972), S. 445f.
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