Margules, Max (1856-1920), Meteorologe

Margules Max, Meteorologe. * Brody (Galizien), 23. 4. 1856; † Perchtoldsdorf (NÖ), 4. 10. 1920. Stud. an der Univ. Wien Mathematik und Physik, u. a. bei Boltzmann (s. d.) und Loschmidt (s. d.). 1877–1906 war er mit einer kurzen Unterbrechung an der Zentralanstalt für Meteorol. in Wien beschäftigt. 1880–82 wirkte er als Priv. Doz. für Physik an der Univ. Wien, legte aber dann aus unbekannten Gründen die Dozentur zurück. 1906 trat er in den Ruhestand und lebte sehr zurückgezogen. M. gilt mit Recht als einer der Begründer der theoret. Meteorol. und als einer ihrer bedeutendsten Vertreter. Schon vor Bjerknes erkannte er klar die Aufgabe der Meteorol. als Physik der Atmosphäre und wendete konsequent die Prinzipien der klass. Physik auf die atmosphär. Prozesse an. Seine wenigen meteorolog. Arbeiten sind von größter Bedeutung. Eine Gruppe von Untersuchungen beschäftigt sich mit den Eigenschwingungen der Atmosphäre. Das Ergebnis wird als sogenannte „Resonanztheorie“ der Barometerschwankungen bezeichnet. Er konnte hier für eine von Kelvin ausgesprochene Vermutung, daß bei Berücksichtigung des Temperatureinflusses auf die Druckschwankungen Perioden von 12 Stunden wahrscheinlicher seien als solche von 24 Stunden, einen Beweis liefern. Wesentlich bedeutungsvoller ist die zweite Gruppe von Arbeiten, die sich mit der Rolle der Kalt- und Warmluftmassen im atmosphär. Wetterablauf befassen und auf die Energetik der winderzeugenden Prozesse eingehen. In seiner wohl berühmtesten Arbeit, „Über die Energie der Stürme“, wird durch log. und tiefgründige Anwendung der Energiesätze gezeigt, daß die in Zyklonen auftretenden Stürme nur durch adäquaten Umsatz von potentieller und innerer Energie in den vertikalen Luftsäulen und nicht – wie damals allg. vermutet wurde – durch das horizontale Druckgefälle allein erklärt werden können. Die modernen Zyklonentheorien und die heute so aktuellen Untersuchungen über die Energetik der Allgemeinzirkulation basieren zu einem guten Teil auf den Ansätzen von M., sodaß eine zwar späte aber dennoch volle Würdigung seiner Arbeiten in die Literatur Eingang gefunden hat.

W.: Über die Schwingungen period. erwärmter Luft, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 99, Abt. 2a, 1890; Luftbewegungen in einer rotierenden Sphäroidschale bei zonaler Druckverteilung, ebenda, Bd. 101/02, Abt. 2a, 1892–93; Vergleichung der Barogramme von einigen Orten rings um Wien, in: Meteorolog. Z., Bd. 14, 1897; Material zum Stud. der Druckverteilung und des Windes in NÖ, in: Jbb. der k. k. Centralanstalt für Meteorol. und Erdmagnetismus in Wien, NF, Bd. 35, 1900, Bd. 37, 1902; Temperaturstufen in NÖ im Winter 1898/99, ebenda, Bd. 36, 1901; Über den Arbeitswert einer Luftdruckverteilung und die Erhaltung der Druckunterschiede, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Bd. 73, 1901; Über rasche Erwärmungen, in: Meteorolog. Z., Bd. 20, 1903; Über Temperaturschwankungen auf hohen Bergen, ebenda, Bd. 20, 1903; Über die Energie der Stürme, in: Jbb. der k. k. Centralanstalt für Meteorol. und Erdmagnetismus in Wien, NF, Bd. 42, 1905; Über Temperaturschichtung in stationär bewegter und in ruhender Luft, in: Meteorolog. Z., Hann-Bd., 1906; Über die Änderung des vertikalen Temperaturgefälles durch Zusammendrückung oder Ausbreitung einer Luftmasse, ebenda, Bd. 23, 1906; Zur Sturmtheorie, ebenda, Bd. 23, 1906; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 24. 10. 1920; Meteorolog. Z., Bd. 37, 1920, S. 322 ff.; Das Wetter, Jg. 37, 1920, S. 161 ff.; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker; Poggendorff 3–5; Eisenberg, 1893, Bd. 2; Wininger; Enc. Jud.
(H. Reuter)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 26, 1973), S. 84f.
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