Martinelli, Ludwig (1832-1913), Schauspieler und Regisseur

Martinelli Ludwig, Schauspieler und Regisseur. * Linz a. d. Donau, 9. 8. 1832; † Bad Gleichenberg (Stmk.), 13. 6. 1913. Sohn des zu seiner Zeit sehr geschätzten Dekorationsmalers Ludwig M. (1798–1852) und der Schauspielerin Magdalena Hofer (1797–1892), Gatte der Vorigen; ursprünglich Dekorationsmaler; debut. 1857 am Münchner Vorstadttheater in der Au, trat dann in Ansbach, Würzburg, Nürnberg und St. Gallen auf, 1860 als Komiker am Grand Théâtre in Amsterdam, wo er 1861 auch Oberregisseur und Geschäftsleiter wurde und die mit dem ersten Preis ausgezeichneten Pläne zur Innendekoration des „Palais voor Volksolyt“ entwarf. 1864–73 war er als Schauspieler und Regisseur am Grazer Stadttheater engagiert, wo sein Übergang ins Charakterfach begann und wo ihm 1871 in der Rolle des Wurzelsepp in L. Anzengrubers (s. d.) „Der Pfarrer von Kirchfeld“ der entscheidende künstler. Durchbruch gelang. Mit Anzengruber, der ihn als den besten Interpreten dieser Rolle feierte, verband ihn seither eine tiefe Freundschaft. 1873–76 war M. Mitgl. des Theaters a. d. Wien, 1876–85 Mitgl. des Prager Landestheaters, wo er auf Grund seiner Vielseitigkeit in Drama, Posse, Singspiel und Volksstück auftrat. 1886 war er als Schauspieler und Oberregisseur am Carl-Theater in Wien tätig. Nach mehreren Gastspielen fand M. im Herbst 1889 am neugegründeten Dt. Volkstheater die eigentliche Heimstätte für seine Schauspielkunst. Hier wirkte er bis 1908 als Schauspieler und Regisseur mit größtem Erfolg, wobei sich seine künstler. Tätigkeit vor allem auf das Volksstück erstreckte. M. war einer der bedeutendsten Volksschauspieler seiner Zeit und einer der berufensten Interpreten der Gestalten Anzengrubers. Seine Tochter aus zweiter Ehe, Anna M. (1879—1937), verehel. Duniecki, wurde ebenfalls Schauspielerin und wirkte als Soubrette und muntere Liebhaberin mit Erfolg in Hamburg, München, Wien (Bürgertheater, Stadttheater und Komödie), Graz und Innsbruck.

Hauptrollen: Wurzelsepp (L. Anzengruber, Der Pfarrer v. Kirchfeld); Mathias Ferner (ders., Der Meineidbauer); Hubmayr (ders., Der Fleck auf der Ehr’); Grillhofer, Dusterer (ders., Der G’wissenswurm); Steinklopferhanns, Alter Brenninger (ders., Die Kreuzelschreiber); Martin Schalanter (ders., Das vierte Gebot); Alter Perathoner (K. Schönherr, Die Bildschnitzer); Valentin (F. Raimund, Der Verschwender); Rappelkopf (ders., Der Alpenkg. und der Menschenfeind); Knieriem (J. Nestroy, Der böse Geist Lumpazivagabundus); Herr v. Lips (ders., Der Zerrissene); Argan (J. B. Molière, Der eingebildete Kranke); Wurm (F. v. Schiller, Kabale und Liebe); Dr. Relling (H. Ibsen, Die Wildente); Schauspieler (M. Gorkij, Nachtasyl); etc.
L.: Selbstbiographie, in: N. Fr. Pr. vom 12. 4. 1914; N. Fr. Pr. vom 7. 8. 1904, 19. und 20. 5. 1906, 13. und 18. 6. 1913; Wr. Ztg. vom 13. 6., RP und AZ vom 14. 6., Voss. Ztg. vom 22. 6. 1913; N. Wr. Tagbl. vom 18. 6. 1913; Wr. Neueste Nachr. vom 31. 5. 1929; Neues Wr. Journal vom 16. 6. 1938; Rathaus-Korrespondenz vom 11. 6. 1963; Österr. Rundschau, Bd. 7, 1906, S. 107 ff.; Heimgarten 30, 1906, S. 852 f., 40, 1916, S. 196 ff.; Neuer Theater Almanach, 1907, S. 148, 1914, S. 173; L. Kramer, L. M.s Rollenverzeichnis, eingeleitet von L. Anzengruber, 1906; Eisenberg; O. G. Flüggen, Biograph. Bühnenlex. der dt. Theater, 1892; Katalog der Porträtsmlg.; Kosch, Theaterlex.; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Kosel; Thieme–Becker; Kosch, Das kath. Deutschland; Wer ist’s? 1905–12; Biograph. Jb., 1917; K. Glossy, 40 Jahre Dt. Volkstheater, 1929; R. Tyrolt, Allerlei von Theater und Kunst, 1909; Wr. Künstler-Dekamerone, o. J., S. 42 ff.
(E. Marktl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 27, 1974), S. 116
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