Mauthner von Mauthstein, Ludwig Wilhelm Ritter (1806–1858), Pädiater

Mauthner von Mauthstein Ludwig Wilhelm Ritter, Pädiater. Geb. Raab (Győr, H), 14. 10. 1806; gest. Wien, 8. 4. 1858 (Ehrengrab: Friedhof Hietzing); mos., ab 1825 röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Julius Löw Jakob Mauthner (gest. 1822) und der Eleonore Mauthner, geb. Lemel (ca. 1780–1837), Cousin des Bankiers →Gustav von Mauthner. – M. nahm bereits 1823 in Wien das Studium der Medizin auf und trat 1825 als Eleve in die dortige Josephsakademie ein; 1831 Dr. med., Dr. chir., Mag. ophthalm. und Mag. obstet., erhielt er als Oberfeldarzt eine Assistentenstelle an der Klinik der Akademie unter →Ignaz von Bischoff-Altenstern. Aufgrund seiner erfolgreichen ärztlichen Tätigkeit bei der Cholera-Epidemie in Wien und der Typhus-Epidemie in Galizien wurde M. zum Regimentsarzt befördert. 1836 quittierte er den Militärdienst und ließ sich in Wien als Kinderarzt nieder. Er gründete dort 1837 in seinem eigenen Haus in Wien 7 ein Privatspital, das St. Anna-Kinderspital, mit zwölf Betten für die Behandlung sozial benachteiligter Kinder – das erste im deutschen Sprachraum –, das in der Folgezeit einen bedeutenden Aufschwung nahm, sodass M. es 1844 als erweiterte Kinderklinik fortsetzen konnte. 1848 wurde in Wien unter seiner Leitung mit Spenden in der Alservorstadt ein neues Gebäude für das Kinderspital mit 120 Betten erbaut, in dem auch Hebammen und „Wärterinnen“ ausgebildet wurden; dort wurde zudem 1850 die pädiatrische Universitätsklinik eröffnet. Nachdem M. 1839 zum Privatdozenten für Kinderheilkunde ernannt worden war, wurde er 1851 in Wien zum ao. Professor berufen. Mit der Gründung des sogenannten Vereins für Kostkinder, aus dem später der Verein für Krippenkinder hervorgehen sollte, setzte er sich in Wien auch für körperlich gesunde, jedoch vernachlässigte Kinder ein. Ebenso geht die Gründung zweier Kliniken für skrofulöse Kinder in Baden bei Wien und im oberösterreichischen Hall auf ihn zurück. M. vermachte dem St. Anna-Kinderspital neben einer beträchtlichen Geldsumme seine Präparatesammlung sowie seine Bibliothek. Sein humanitäres Wirken für bedürftige Kinder sowie sein organisatorischer Einsatz, beispielsweise beim Bau des St. Anna-Kinderspitals, sind historisch bedeutsam. Seine Werke zur Betreuung und Erziehung der Kinder (u. a. „Kinder-Diätetik“, 1853, 3. Aufl. 1857, französisch: „Diététique des enfants“, 1856) weisen ihn als sozial denkenden Arzt aus, der althergebrachte Vorurteile und nicht mehr zeitgemäße Traditionen bekämpfte. M. war Mitglied des Anfang der 1830er-Jahre gegründeten Wiener Ärzteforums, ab 1838 der Gesellschaft der Ärzte in Wien sowie der Medizinischen Gesellschaften in Berlin, Breslau, St. Petersburg und des Großherzogtums Baden. 1849 erhielt er den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, 1850 wurde er mit dem Prädikat „von Mauthstein“ in den Ritterstand erhoben.

Weitere W.: Die Heilkräfte des kalten Wasserstrahls, 1837 (Reprint 2007); Die Krankheiten des Gehirnʼs und Rückenmarkʼs bei Kindern, 1844.
L.: WZ, 11. 4. 1858; ADB; Czeike; Lesky, s. Reg.; Wurzbach; WMW 8, 1858, Sp. 283f.; S. Kirchenberger, Lebensbilder hervorragender österreichisch-ungarischer Militär- und Marineärzte, 1913 (mit Bild); P. Krepler, Das Kind und sein Arzt. 150 Jahre St. Anna-Kinderspital, 1988, S. 13; M. Skopec, in: Clinicum 12, 1994, S. 18f.; W. E. Gerabek, in: Enzyklopädie Medizingeschichte, 2005; K. H. Tragl, Chronik der Wiener Krankenanstalten, 2007, s. Reg.; Pfarre Maria Hietzing, UA (mit Bild), beide Wien.
(W. E. Gerabek)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 27, 1974), S. 163
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