Mérey von Kapos-Mére, Kajetan (1861-1931), Diplomat

Mérey von Kapos-Mére Kajetan, Diplomat. * Wien, 16. 1. 1861; † Wien, 2. 2. 1931. Sohn des Verwaltungsbeamten und Bankfachmannes Alexander M. v. K.-M. (1834–1927); trat nach Ablegung der Diplomatenprüfung 1885 in das Min. des k. Hauses und des Äußeren ein und erwarb sich durch Dienstleistungen bei den Gesandtschaften in Belgrad (1885), Bukarest (1886), Paris (1891–93) und Konstantinopel (1893–95) die Qualifikation für den auswärtigen Dienst. Gołuchowski (s. d.) berief ihn zur Leitung des von ihm geschaffenen Kabinetts des Min. (1895), auf welchem Posten er sich durch Arbeitsfleiß und Sachkenntnis dem Min. unentbehrlich machte. 1895 Sektionsrat, 1898 Legationsrat I. Kategorie, fungierte er 1899 auf der 1. internationalen Haager Friedenskonferenz als 2. österr.-ung. Delegierter. 1901 2. Sektionschef, 1903 Geh. Rat, 1904 1. Sektionschef. Bald nach dem Amtsantritt Aehrenthals (s. d.) wurde er seines Postens enthoben, zum Botschafter ernannt und mit der Vertretung Österr.-Ungarns auf der 2. internationalen Haager Friedenskonferenz betraut (1907). 1910 trat er die Nachfolge H. Gf. v. Lützows (s. d.) als Botschafter am kgl. italien. Hofe an. So vorzüglich er als Ministerialbeamter entsprochen hatte, so fehlte dem eher kalten und nüchternen, aber sehr krit. veranlagten Verstandesmenschen die Wendigkeit des Diplomaten. Seine Berichterstattung zeichnete sich durch sicheres und selbständiges Urteil aus. Über die „Agonie des Dreibundes“ war er sich sehr wohl im klaren, bemühte sich aber, die Beziehungen Österr.-Ungarns zu Italien zu bessern. War er unter Aehrenthal in den Zwist zwischen diesem und Conrad v. Hötzendorf (s. d.) hineingezogen worden, so wurde ihm unter Berchtold (s. d.) die Erfüllung seiner Aufgaben mehr und mehr erschwert. Trotzdem blieb er auf seinem Posten und versuchte z. B. bei Behandlung der alban. Angelegenheiten Härten zu vermeiden. In den Balkankriegen sah er mit Recht das Wetterleuchten eines bevorstehenden bewaffneten Konfliktes. Als das Attentat von Sarajewo erfolgte, war er krank, und als in den folgenden Wochen bis zur Kriegserklärung an Serbien all das zerbrach, woran er jahrelang mühsam gearbeitet hatte, erlitt er einen Nervenzusammenbruch und mußte seinen Posten verlassen. Nach seiner Wiederherstellung übernahm er das italien. Referat im Min. des Äußeren und trat nur mehr als österr.-ung. Delegierter bei den Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk 1917/18 hervor.

L.: Berliner Monatshe. für internationale Aufklärung 10, 1932, S. 245 ff., 460 f.; R. Vietor, Die Tätigkeit des österr.-ung. Botschafters am Quirinal K. M. v. K.-M. 1910–12, phil. Diss. Wien, 1962; M. Életr. Lex.; Révai; Österr.-Ungarns Außenpolitik von der bosn. Krise 1908 bis zum Kriegsausbruch 1914 . . ., bearb. von L. Bittner und H. Uebersberger, Bd. 2–9, in: Veröff. der Komm. für neuere Geschichte Österr., Bd. 20–27, 1930, s. Reg.; M. Claar, 20 Jahre habsburg. Diplomatie in Rom (1895–1915), in: Berliner Monatshe. für internationale Aufklärung 15, 1937, S. 539 ff.; W. Bihl, Österr.-Ungarn und die Friedensschlüsse von Brest-Litowsk, 1970, s. Reg.; H. Gf. v. Lützow, Im diplomat. Dienst der k. u. k. Monarchie, hrsg. von P. Hohenbalken, 1971, s. Reg.; Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien; Mitt. A. Breycha-Vauthier, Wien, Z. Szász, Budapest.
(E. Rutkowski)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 28, 1974), S. 228
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