Mojsisovics von Mojsvár, Johann August Edmund (1839-1907), Geologe, Paläontologe und Alpinist

Mojsisovics von Mojsvár Johann August Edmund, Geologe, Paläontologe und Alpinist. * Wien, 18. 10. 1839; † Mallnitz (Kärnten), 2. 10. 1907. Sohn des Vorigen, Bruder des Zoologen August M. v. M. (s. d.); stud. am Schottengymn. in Wien, ab 1858 an der Univ. Wien Jus, daneben Geol. und Geographie, vor allem bei Sueß. 1864 Dr.jur. an der Univ. Graz. 1865 begann er seine Tätigkeit an der k. k. Geolog. Reichsanstalt als Volontär. 1870 Chefgeologe. 1892 rangältester Chefgeologe mit dem Titel eines Vizedir., 1900 Hofrat und i. R. 1871–86 Priv.Doz. an der Univ. Wien für spezielle Geol. M.’ geolog. Arbeiten sind durch das Bedürfnis nach Synthese aus geolog. Beobachtung und dem paläontolog. Befund geprägt. Damals wurden schon die charakterist. Faziesdifferenzierungen der alpinen Trias erkannt, welche sich trotz vieler Komplikationen als richtig erwiesen und die Basis für die heutige Forschung, auch für die mikrofaziellen Untersuchungen, sind. In seinen paläontolog. Arbeiten auf dem Boden Lyells und Darwins stehend, ist die phylogenet. Methode im Vordergrund. Die Vertiefung der alpinen Kenntnisse erfolgte durch weitgestreute Untersuchungen an Triasfaunen nicht nur aus der mediterranen Provinz. 1882 begründete M. gem. mit Neumayr die „Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients“. Auf dem II. Internationalen Geologenkongreß (1881 Bologna) wurde auf seinen Antrag die Hrsg. einer internationalen geolog. Karte von Europa beschlossen. M. war einer der Begründer und Träger der Vormachtstellung der österr. Geol. zur Jh. Wende; er leistete Bahnbrechendes zur Erforschung der Trias und ihrer Faziesgliederung, seine Darstellung der Dolomitriffe Südtirols ist grundlegend, seine paläontolog. Arbeiten sind noch immer Basis für die weitere Erforschung der Trias-Cephalopoden. M. nahm auf die Gestaltung der Internationalen Geologenkongresse (gegründet 1878) wesentlichen Einfluß. 1897 organisierte er im Rahmen der Akad. der Wiss. in Wien die systemat. Erdbebenbeobachtung in Österr. Gem. mit seinen Stud.Freunden P. Grohmann (s. d.) und Sommaruga begründete M. 1862 den Österr. Alpenver., war dessen erster Schriftführer und red. die Mitt. 1869 gründete er mit Gleichgesinnten den Dt. Alpenver. und trug als Schriftführer der Sektion Wien wesentlich zur Verschmelzung, zur Schaffung des Dt. und Österr. Alpenver., bei (1873). 1886–97 stand er an der Spitze von dessen Sektion Austria. Als alpiner Erschließer war M. namentlich in der Ortlergruppe von Bedeutung, während er in den Südtiroler Dolomiten vorwiegend als Geologe tätig war. Berggefährten: A. Melingo, A. Waldner. Bergführer: L. Bonetti, P. Compagnoni, J. Fercher, S. Holzknecht („Janiger“), H. Pinngera, J. und V. Reinstadler, A. Riebler d. Ä., F. Weinzierl. M., der zahlreiche Berufungen im In- und Ausland zurückwies, wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1904 Dr. h. c. der Univ. Cambridge, ab 1891 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, welcher er 1 Mill. Kronen hinterließ.

Erste Erst.: Kollinkofel (1. tourist., 1862), Karn. Alpen; Monte Cevedale, Nordostgipfel (1864), Hintere Schöntaufspitze (1865), beide Ortlergruppe. Erste Überschr.: Eisseepaß („Janigerscharte“, 1864), Ortlergruppe. Erste Begehung: Tabarettakamm als Zustieg von Sulden auf den Ortler (1865), Ortlergruppe. W.: Über die Gliederung der oberen Triasbildungen der östlichen Alpen, in: Jb. der Geolog. Reichsanstalt, Bd. 19, 1869; Ber. über die im Sommer 1868 . . . ausgeführte Untersuchung der alpinen Salzlagerstätten, ebenda, Bd. 19, 1869; Beitrr. zur Kenntnis der Cephalopoden-Fauna des alpinen Muschelkalkes, ebenda, Bd. 19, 1869; Das Gebirge um Hallstatt I: Die Cephalopoden der Hallstätter Kalke, in: Abhh. der Geolog. Reichsanstalt, Bd. 6, Tl. 1, 1873/1902; Die Dolomiten-Riffe von Südtirol und Venetien, 6 He., 1878; Geolog. Übersichtskarte von Bosnien-Hercegovina (1:576000), gem. mit E. Tietze und A. Bittner, 1880; Die Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz, in: Abhh. der Geolog. Reichsanstalt, Bd. 10, 1882; Arkt. Triasfaunen, in: Mémoires de l’acad. imperiale des sciences de St. Pétersbourg, 1886; Die Hallstätter Entwicklung der Trias, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 101, Abt. 1, 1892; Entwurf einer Gliederung der pelag. Sedimente des Trias-Systems, ebenda, Bd. 104, Abt. 1, 1895; Beitrr. zur Kenntnis der obertriad. Cephalopoden-Faunen des Himalaya, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Bd. 63, 1896; Übersicht über die geolog. Verhältnisse des Salzkammergutes, in: C. Diener, Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes, 1903; Geolog. Spezialkarte von Österr., Bl. Ischl und Hallstatt, mit Erläuterungen, 1905; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 3. und 5. 10. 1907 und 31. 10. 1908; Wr. Ztg. vom 3. 10. 1907; Jb. des ÖAV, 1865, S. 342; Mitt. DÖAV, 1891, S. 147, 1907, S. 242, 245 ff.; Beitrr. zur Paläontol. und Geol. Österr.-Ungarns und des Orients, Bd. 20, 1907, S. 272 ff.; Verhh. der Geolog. Reichsanstalt, 1907, S. 321 ff.; Nachr. der Sektion Austria des DÖAV, 1907, n. 4; Z. für Schul-Geographie, Jg. 29, 1908, S. 55; Almanach Wien, 1908; H. Zapfe, Index palaeontologicorum Austriae, in: Catalogus fossilium Austriae, H. 15, 1971; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1957, S. 77; Poggendorff 3–4; Eisenberg, 1893, Bd. 2; G. Gröger–J. Rabl, Die Entwicklung der Hochtouristik in den österr. Alpen, 2. Aufl. 1890; EOA; WB; G. Berka, 100 Jahre Dt. Burschenschaft in Österr. 1859–1959, 1959, S. 56, 83; Mitt. R. Hösch, Wien.
(W. Medwenitsch)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 29, 1975), S. 348f.
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