Mosenthal, Salomon Hermann von; Ps. Friedrich Lechner (1821-1877), Schriftsteller und Bibliothekar

Mosenthal Salomon Hermann von, Ps. Friedrich Lechner, Schriftsteller und Bibliothekar. * Kassel (Hessen), 14. 1. 1821; † Wien, 17. 2. 1877. Sohn eines Kaufmannes; beendete bald seine 1840 am Polytechnikum in Karlsruhe begonnenen Stud. und nahm Verbindung zu den Dichtern der Schwäb. Schule auf, die ihn zur Veröff. seiner literar. Arbeiten bestimmten. M. schrieb Beitrr. für Dingelstedts (s. d.) Z. „Salon“ und Seewalds „Europa“. 1841/42 übersiedelte er nach Wien, wo er eine Hauslehrer- und Erzieherstelle annahm, sich nebenbei aber eifrig dramat. Stud. widmete. 1851 trat er in ein Hilfsamt des Min. für Kultus und Unterricht ein, wurde 1864 Vorstand der Bibl. des Min., 1873 Reg.Rat; 1871 nob. M. ersetzte das Fehlen eigentlicher schöpfer. Kraft durch das Talent zu wirksamer Bühnenbearbeitung geeigneter Stoffe, die er der dt. Geschichte, dem Volksleben, den französ. Gesellschaftsdramen und den Tendenzstücken seiner Zeit entnahm. Darüber hinaus war M. empfänglich für zeitlos gültiges Gedankengut, das er auch in seine Werke immer wieder einflocht. Sein starkes Rezeptionsvermögen und die Fähigkeit für die Gestaltung von Handlungseffekten, das Erfassen des in die Breite gehenden Publikumsgeschmacks und sein Sinn für die jeweils wirkungsvollste Schauspielerpersönlichkeit, für welche er die Rollen formte, machten ihn ungemein erfolgreich. M.s angeborene Musikalität verlieh sogar seinen Sprechstücken zuweilen opernhafte Züge. Es gelang ihm, die für das Libretto spezif. Sprachform zu finden. M.s zahlreiche, sehr häufig aufgeführte Sprechstücke sind nahezu ausnahmslos in Vergessenheit geraten. Mit seinen Operntextdichtungen, von denen manche von hervorragenden Komponisten vertont wurden, behielt M. bis zur Gegenwart Geltung. Mehrere dieser Texte wurden in Fremdsprachen übertragen.

W.: Gedichte, 1845; Cäcilie v. Albano (Versdrama), 1851; Der Sonnwendhof (Volksschauspiel), 1857; Sirene (Lustspiel), 1874. Dramen: Die Sklaven, 1847; Deborah, 1849, 6. Aufl. 1899; Ein dt. Dichterleben, 1850; Der Dorflehrer, 1852; Gabriele v. Percy, 1853; Das gefangene Bild, 1858; Düweke, 1859; Die dt. Komödianten, 1863; Pietro, 1865; Der Schulz v. Altenbüren, 1868; Isabella Orsini, 1869, 2. Aufl. 1875; Maryna, 1871; Madeleine Morel, 1871; Parisina, 1875. Opernlibretti: Fata morgana, Musik von F. v. Flotow, 1856, neuvertont von J. Hellmesberger, 1886; Die Kinder der Heide, Musik von A. Rubinstein, 1861; Judith, Musik von A. Doppler, 1871; Der Landfriede, Musik von J. Brünn, 1877; Die Makkabäer, Musik von A. Rubinstein, 1878; Das goldene Kreuz, Musik von J. Brüll, o. J., Neuaufl. 1927; Die Kgn. v. Saba, Musik von K. Goldmark, o. J., Neuaufl. 1927; Die lustigen Weiber v. Windsor, Musik von O. Nicolai, o. J., Neuaufl. 1941, 1948; etc. Ges. Werke, hrsg. von J. Weilen, 1878. Hrsg.: Mus. aus den dt. Dichtungen österr. Lyriker und Epiker (Anthol.), 1854.
L.: Wr. Ztg. vom 18. 2. 1877; N. Pr. Fr. vom 17. 2. 1902; F. Kostjak, S. H. M. als Dramatiker, phil. Diss. Wien, 1928; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Giebisch–Pichler–Vancsa; Kosch; Kosch, Theaterlex.; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 2, S. 568, Bd. 3, s. Reg.; Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Wininger; Wurzbach; ADB; Enc. Jud.; Jüd. Lex.; F. Horch, Das Burgtheater unter H. Laube und A. Wilbrandt, 1925, s. Reg.
(V. Hanus)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 30, 1975), S. 385
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>