Müller, Christian Leo (1799-1844), Techniker

Müller Christian Leo, Techniker. * Mittelberg (Vorarlberg), 13. 2. 1799; † Wien, 9. 2. 1844. Sohn eines Gastwirtes; nach einem Gehilfenjahr als Schreiner in Bregenz führte ihn seine zehnjährige Wanderschaft durch halb Deutschland. Ab 1821 arbeitete er als Modelltischler in Oberzell (Kr. Würzburg) in der Fabrik von F. Koenig, in der die von Koenig in London zwischen 1806 und 1817 erfundenen Buchdruckschnellpressen gebaut wurden. M. verließ 1831 Oberzell und baute in Riezlern in 75 Tagen die Gußmodelle zu einer Schnellpresse nach seinen Ideen. 1833 erhielt J. Schuhmacher, der Inhaber der Wagnerschen Univ. Buchdruckerei in Innsbruck, die erste österr. Schnellpresse, gebaut nach dem inzwischen erlangten Privileg. 1836 gründete M. gem. mit F. Helbig in Wien die Fa. „Heibig & Müller“, die erste Druckmaschinenfabrik in Österr. und zweite auf dem europ. Festland. M. baute auf Grund mehrerer Privilegien eine in allen entscheidenden Tl. neu konstruierte Stoppzylinder-Schnellpresse, die einfach zu bedienen war, wenig Raum beanspruchte und sich auch für kleinere Druckereien als erschwinglich erwies. Er verwendete statt des bisherigen schwerfälligen Antriebsmechanismus den einfacheren und daher billigeren Kurbelantrieb (den sog. „Eisenbahnantrieb“). M. erfand die Druckzylinder-Fangvorrichtung mit der durch Doppelexzenter gesteuerten Auffanggabel; mit dem Wegfall der schweren Halteriegelkonstruktion wurden die lästigen Erschütterungen beseitigt, wodurch die Maschine einen wesentlich ruhigeren Gang erhielt. Geschwindigkeitssteigerung und Betriebssicherheit wurden erhöht; weniger Antriebskraft war nötig. Der Mechanismus, der für den Synchronablauf von Karren und Zylinder sorgt, wurde 140 Jahre hindurch von allen Druckmaschinenfabriken angewandt und findet sich noch heute in modernen Automaten. Schließlich erreichte M. mit den Greifern, die die Bogen packten und erst freigaben, wenn sie den Druck empfangen hatten, gute Registerhaltigkeit, was nicht nur den Zeitungsdruck, sondern auch einen befriedigenden Werkdruck ermöglichte. M. wurde durch seine Erfindung zum Bahnbrecher des maschinellen Buchdrucks in Österr. und belebte die in ihren ersten Anfängen stehende Maschinenind. und den Maschinenexport ins Ausland.

L.: Bothe für Tirol und Vorarlberg vom 27. 1. 1845; Dt. Ztg. vom 23. 6. 1882; N. Fr. Pr. vom 29. 7. 1904 und 9. 2. 1909; Wr. Ztg. vom 13. 2. und 18. 5., Unser Allgäu vom 17. 2., Tagespost vom 22. 2. und Tiroler Nachr. vom 6. 8. 1949; Vorarlberger Volksbl. vom 12. 2., 7. und 9. 5. 1949 und 1. 9. 1950; Der Walser vom 12. 2. 1949 und 21. 7. 1956; Heimat, 1925, H. 7/8; Dt. Buchgewerbe, 1944, H. 3/4; J. A. Hülsse, Allg. Maschinen-Enz., 1844; A. Mayer, Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882, Bd. 2, 1887; Katalog der österr. Abt. der Weltausst. Paris 1900, H. 1, 1900; K. Hermann, Zur Entwicklung der österr. Buchdruck-Schnellpressen-Industrie, 1907; H.-J. Wolf, Geschichte der Druckpressen, 1974.
(J. K. F. Naumann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 30, 1975), S. 409f.
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