Münch von Bellinghausen, Eligius Franz Josef Frh.; Ps. Friedrich Halm, Fidelis, S. Fidel (1806-1871), Schriftsteller und Beamter

Münch von Bellinghausen Eligius Franz Josef Frh., Ps. Friedrich Halm, Fidelis, S. Fidel, Dichter und Beamter. * Krakau, 2. 4. 1806; † Wien, 22. 5. 1871. Neffe des Vorigen und des Folgenden, Sohn eines Beamten; stud. am Stiftsgymn. in Melk, dann am Schottengymn. in Wien, 1819–21 an der Univ. Wien Phil., 1822–26 Jus und wurde 1828 unbesoldeter Kreiskoär. in Wien. 1830 kam er zur niederösterr. Landesregierung, wurde 1831 Regierungssekretär und 1840 niederösterr. Reg.Rat. 1833 trat M. in Briefwechsel mit seinem ehemaligen Lehrer, dem Melker Benediktiner M. Enk v. d. Burg (s. d.), der ihn immer wieder auf die Spanier, zumal auf Lope de Vega hinwies und, nicht immer zu M.s Vorteil (Gerüchte bezeichneten Enk v. d. Burg sogar als Verfasser seiner Stücke), bis zu seinem Tod sein Freund und Berater blieb. Ein schlimmes Augenleiden machte M. viel zu schaffen, sodaß er zeitweilig zu erblinden drohte. 1844 wurde er mit dem Titel Hofrat zum 1. Kustos an der Hofbibl. ernannt, wobei man ihn Grillparzer (s. d.) vorzog. Er führte neue Arbeitsgrundsätze ein, legte einen Katalog an und suchte durch Gewinnung geeigneter Kräfte den Ausbau der Bibl. zu fördern. 1867 wurde M. Intendant der beiden Hoftheater sowie Präfekt der Hofbibl. und hatte nun auch die naturwiss. Smlg. und die Kabinette des Hofes zu überwachen. Nachdem es 1867 zum offenen Bruch mit H. Laube (s. d.) gekommen war, übernahm A. Wolff, früher Oberregisseur in Mannheim, die artist. Dion, des Burgtheaters (1868). Da Dingelstedt (s. d.), der 1867 Dir. der Hofoper geworden war, auch nach der Leitung des Burgtheaters strebte, erreichte M. 1870 wegen zunehmender Kränklichkeit seine Enthebung. Obwohl M. seit seinem Erstlingsstück „Griseldis“ (dessen Titelrolle vor allem von der mit ihm befreundeten Schauspielerin J. Rettich verkörpert wurde) mit seinen Theaterstücken auf dem Burgtheater immer wieder große Erfolge erzielte, wurde er als Dramatiker bald vergessen. Zusammenhänge mit barocker Kunstübung zeigt neben seiner Vorliebe für die Spanier seine Art, nie vom Charakter auszugehen, sondern die Probleme wie Schachaufgaben zu lösen. Vielleicht kam M. mit dem Hang zu Sentimentalität dem Zeitgeschmack zu sehr entgegen. Seine Gestalten erheben sich nur selten zu wirklich trag. Größe. Seine dichter. Leistung zeigt sich in der Novelle, welche er an Brevio, Cervantes und Kleist orientierte und mit psychopatholog. Zügen versah. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1847 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, 1859 Dr. h. c. der Univ. Jena, 1861 lebenslängliches Mitgl. des Herrenhauses. 1865 Vorsitzender des Verwaltungsrates der Schiller-Stiftung (Vorort Wien), 1867 Geh.Rat.

W.: Dramen: Griseldis, 1835; Der Adept, 1836; Camoëns, 1837; Imelda Lambertazzi, 1838; Die Pflegetochter, 1840; Kg. und Bauer, 1841; Der Sohn der Wildnis, 1842; Die Kinder Cymbelines, 1842; Donna Molina, 1847; Verbot und Befehl, 1848; Der Fechter von Ravenna, 1854; Iphigenie in Delphi, 1856; Vor 100 Jahren (Festspiel), 1859; Wildfeuer, 1866; etc. Novellen: Die Marzipanliese, 1854; Die Freundinnen, 1860; etc. Werke, 12 Bde., hrsg. von F. Pachler und E. Kuh, 1856–64; Ausgewählte Werke, hrsg. von A. Schlossar, 1904, hrsg. von O. Rommel, 3 Bde., in: Dt.-österr. Klassiker-Bibl., Bd. 1, 12, 27, 1908–11, hrsg. von R. Fürst, 4 Tle., o. J.; Ausgewählte Gedichte, 1866, Neuausg. in: Dt.-österr. Nationalbibl., Bd. 85/86, 1891. R. Schachinger, Briefwechsel zwischen M. Enk v. der Burg und E. Frh. v. M., 1890; A. v. Weilen, Briefe Dingelstedts an F. Halm, in: Jb. der Grillparzer-Ges., Jg. 8, 1898, S. 132 ff.; A. Schlossar, F. Halm und die Familie Rettich, ebenda, Jg. 16, 1906, S. 52 ff.; ders., Aus den Mannesjahren F. Halms. Reisebriefe . . ., in: Z. für Bücherfreunde, NF, Bd. 10, 1906, S. 89 ff.
L.: Almanach Wien, 1872; Österr. Rundschau, Bd. 6, 1906, S. 370 ff.; Z. für dt. Ρhilol., Bd. 63, 1938, S. 56 ff.; H. Schneider, F. Halm und das span. Drama, in: Palaestra, Bd. 28, 1909; Ch. Reinecke, Stud. zu Halms Erzählungen und ihrer Technik, in: Sprache und Dichtung, Bd. 9, 1912; L. Husinsky, Die hist. und antiken Fragmente F. Halms, phil. Diss. Wien, 1914; P. Lambertz, Der fünffüßige Jambus in den Dramen F. Halms, phil. Diss. Kassel, 1914; M. Bubenzer, F. Halms Lyrik . . ., phil. Diss. Münster, 1925; R. Peltz, Halm und die Bühne, phil. Diss. Münster, 1925; C. Vancsa, Neue Beitrr. zur Würdigung F. Halms, phil. Diss. Wien, 1928; I. Kirchtag, M.-B.s Erzählungen, phil. Diss. Wien, 1937; Ch. Muenster, M.-B. als Intendant des Wr. Burgtheaters, phil. Diss. Wien, 1943; K. Nahlik, F. Halm und das Burgtheater, phil. Diss. Wien, 1949; D. Arendt, Das novellist. Werk F. Halms, phil. Diss. Marburg, 1953; E. Alker, Die dt. Literatur im 19. Jh., 3. Aufl., 1969, s. Reg.; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Giebisch–Pichler–Vancsa; Kindermann–Dietrich; Kosch; J. Nadler, Literaturgeschichte Österr., 2. Aufl., 1951, s. Reg.; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 2–4, s. Reg.; A. Schmidt, Dichtung und Dichter Österr. im 19. und 20. Jh., Bd. 1, 1964, s. Reg.; Wurzbach; ADB; G. Maar, Die österr. Ballade der Biedermeierzeit, phil. Diss. Wien, 1952; F. Koch, Idee und Wirklichkeit, 1956, s. Reg.
(M. Enzinger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 30, 1975), S. 434
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