Nedbal, Oskar (1874-1930), Dirigent und Komponist

Nedbal Oskar, Dirigent und Komponist. * Tabor (Tábor, Böhmen), 26. 3. 1874; † Agram, 24. 12. 1930 (Selbstmord). Nach Absolv. des Prager Konservatoriums (1892), wo er bei A. Bennewitz Violine und bei A. Dvořák (s. d.) Kompositionslehre stud., machte er sich als Bratschist und Organisator des Böhm. Streichquartetts (1892–1906) um den Weltruf dieses Kammerensembles verdient und war Mitbegründer und erfolgreicher Dirigent (erstmals 1896) der Böhm. Philharmonie in Prag. 1906 ließ sich N. in Wien nieder, wo er das Tonkünstlerorchester gründete, an dessen Spitze er bis 1919 stand. Neben A. Toscanini, F. v. Weingartner und G. Martucci wurde er 1905 als Dirigent zum Musikfestival nach Turin eingeladen und war ständig gastierender Künstler in allen größeren Städten Rußlands. In dem Bestreben, die populäre symphon. Musik allen Bevölkerungsschichten Wiens zugänglich zu machen, veranstaltete N. regelmäßig mit seinem Orchester im Volksgarten Konzerte und zu ermäßigten Preisen Konzerte im Sophiensaal und im Arbeiterheim. Die Stelle als Dirigent an der Volksoper (1908) gab er wegen des Widerstandes dt. nationaler Kreise bald auf. Als Mitgl. des Direktoriums des Neuen Wr. Konservatoriums (1909/10) betätigte er sich auch organisator. und pädagog. und verpflichtete sich, regelmäßig als Bratschist in der von A. Har und P. Casals geleiteten Kammermusikvereinigung mitzuwirken. Als Komponist machte N. schon früh auf sich aufmerksam. Von seinen Ballettpantomimen gelangte „Der faule Hans“ nach erfolgreicher Premiere am Prager Nationaltheater (1902) auch auf die Bühne der Wr. Hofoper (1904). N. wurde vor allem als Komponist von Operetten, die alle ihre Premieren in Wien hatten, bekannt. Weltruf erlangte „Polenblut“, wovon bis 1926 allein in Wien 3376 Aufführungen stattfanden. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte N. vergeblich, in seiner Heimat Fuß zu fassen, und dirigierte nur gelegentlich die Prager Šak-Philharmonie. Ab 1923 hatte er die Leitung des Słowak. Nationaltheaters in Preßburg, scheiterte jedoch als Unternehmer an den finanziellen Verpflichtungen.

W.: Scherzo caprice; Romanze und Serenade; 4 Klavierstücke; Sonate; Der Bauer Jakob (kom. Oper), 1922. Ballettpantomimen: Der faule Hans, 1902; Von Märchen zu Märchen, 1908; Prinzessin Hyazinth, 1911; Des Teufels Großmutter, 1912; Andersen, 1914. Operetten: Die keusche Barbara, 1910; Polenblut, 1913; Die Winzerbraut, 1916; Die schöne Saskia, 1917; Eriwan, 1918; Donna Gloria, 1926.
L.: M. Šulc, O. N., 1958; A. Buchner, O. N.s Nachlaß, 2 Bde., 1964–68; Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Frank–Altmann; Riemann; Kosch, Theaterlex.; O. Keller, Die Operette, 1926, S. 329 ff., 382.
(A. Buchner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 51f.
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