Niemirower, Jakub Izaak (1872-1939), Rabbiner und Schriftsteller

Niemirower Jakub Izaak, Rabbiner und Schriftsteller. * Lemberg, 1. 3. 1872; † Bukarest, 18. 11. 1939. Entstammte einer reichen Familie, die mit den Gelbard, Rajces und Margosches verwandt war. Anfänglich stud. er in Lemberg unter der Leitung von Rabb. J. A. Ettinger, später in Jassy unter der seines Großvaters, dann an der Rabbinatsschule von Hildesheimer und Biberfeld in Berlin, wo er gleichzeitig an der Univ. Phil., Geschichte und Literatur stud. (1896 Dr. phil.). 1896 wurde N. Rabb. von Jassy, 1897 schloß er sich der zionist. Bewegung an. Ab 1898 begann er seine Tätigkeit als Mitgl. der Organisation Bnej Brit, zuerst als Vorsitzender der Loge in Jassy und später für ganz Rumänien. 1911 wurde N. Rabb. der sephard. Gemeinde in Bukarest und 1921 Oberrabb. Rumäniens. 1926 wurde er in den rumän. Senat gewählt. N. entfaltete ein vielseitiges Wirken als Mitgl. verschiedener jüd. Organisationen, als Publizist und Gelehrter. Ab 1914 war er im kulturellen Ver. Jeschurun tätig, beteiligte sich an der Gründung jüd. Schulen und 1926 einer wiss. Ges., die sich mit der Erforschung der jüd. Geschichte und Kultur in Rumänien befaßte. N., Mitarbeiter rumän., dt. und hebr. Z., u. a. von „Die iddische Zukunft“, „Die Welt“, „Ha-joec“, „Iddische Gazetten“, erfreute sich sowohl in den Kreisen des fortschrittlichen Judentums als auch bei den Orthodoxen großen Ansehens. N.s Schaffen umfaßt 660 Abhh. und Bücher. In seiner Diss., „Der Zusammenhang von Willensfreiheit, Gewissen, Belohnung und Strafe“, 1896, ist die Willensfreiheit eine Folge des Gewissens und des Verantwortungsbewußtseins eines Menschen. Nach N. ist auch eine organ. Verbindung zwischen der Willensfreiheit sowie Belohnung und Strafe, welche in den philosoph. Systemen eingehender behandelt wird als die Belohnung. In „Contributions à la philosophie historique juive“, 1914, bemühte sich N., eine Verbindung und Parallele zwischen der Geschichtsphil. und der Soziol. und Völkerkde. herzustellen. In seinem Werk „Chassidismus und Zaddikismus“ führte N. eine psycholog. Analyse der großen Volksbewegung durch, in der die Menschen durch Glaube und Zuversicht eng miteinander verbunden waren.

W.: Zichron Nahum. Festpredigten, Casualreden und aus synagogalen Vorträgen entstandene Ztg.-Artikel, 1903; Chassidismus und Zaddikismus, 1913; Frei und Treu. Jabnehist. Essays, 1914; Scrieri complete (Sämtliche Werke), 4 Bde., 1918–32.
L.: Ha-Rav Dr. N., 1970; S. Reisen, Leksikon fyn der jidd. tlieratur yn presse, Bd. 2, 1927; Wininger; Enc. Jud.; Jew. Enc.; Jüd. Lex.; Ischim udmujo: bechochmat Israel (Persönlichkeiten und Gestalten in der Wiss. des Judentums), hrsg. von S. K. Mirski, 1959; Mitt. R. Pytel, Warschau.
(L. Slutzky)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 32, 1976), S. 123f.
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