Nussbaumer, Otto (1876-1930), Techniker

Nussbaumer Otto, Techniker. * Innsbruck-Wilten, 31. 3. 1876; † Salzburg, 5. 1. 1930. Sohn eines Eisenbahnkontrollors; erwarb bei einem Mechaniker handwerkliche Kenntnisse und baute bald verschiedene elektr. Apparate. 1896–1901 stud. er an der Techn. Hochschule in Graz. Nach Abschluß des Stud. (1900 Dipl.Ing.) arbeitete er dort als Ass. bei A. v. Ettingshausen an der Lehrkanzel für Physik auf dem Gebiet der drahtlosen Telegraphie. N. kam dabei auf den Gedanken, mit Hilfe des singenden Lichtbogens nach Duell einen Braunschen Funkensender zu betreiben, wodurch er annähernd ungedämpfte Schwingungen erzeugte. Diese modulierte er mittels Mikrophon, das induktiv an den Schwingungskreis des Lichtbogens angekoppelt war. Vielleicht noch wichtiger war es, daß es ihm beim Empfänger gelang, durch Füllung des Fritters mit Eisenoxydspänen eine Kontaktdetektorwirkung zu erzielen. So konnte er die menschliche Stimme und auch Musik drahtlos übertragen. Am 15. 6. 1904 lud er den zunächst ungläubigen Ettingshausen zu einer Vorführung ein und übertrug aus dem Senderaum, der durch mehrere Zimmer und geschlossene Türen vom Empfangsraum getrennt war, die Musik eines Grammophons; zum Abschluß sang er selbst das Dachsteinlied ins Mikrophon. Trotz Anraten Ettingshausens machte er keine Patentanmeldung und unternahm nichts, um aus seiner Erfindung wirtschaftlichen Gewinn zu ziehen. Die Subventionierung weiterer Versuche wurde vom Min. abgelehnt, die erstrebte Lehrkanzel wurde ihm nicht verliehen. 1907 trat er als Beamter in den techn. Verwaltungsdienst bei der Grazer Statthalterei ein und kam 1908 nach Salzburg, wo er bei der Landesregierung für Maschinenbau und Elektrotechnik zuständig war. 1924 tit. Hofrat. Neben seinem Beruf entfaltete N. auf den verschiedensten Gebieten eine rege Tätigkeit und hielt in zahlreichen Fachver., insbes. im Radio-Klub, Vorträge. Er wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1929 Ehrenbürger von Salzburg. Die Originalapparatur, mit der N. – vor Marconi und Telefunken – die erste drahtlose Musikübertragung durchführte, steht heute im Postmus. in Wien.

W.: Kurzer Ber. über Versuche zur Übertragung von Tönen mittels elektr. Wellen, in: Physikal. Z., Jg. 5, 1904; Radio vor 25 Jahren, in: Radio Wien, Jg. 5, 1929.
L.: Tagespost (Graz), 1929, n. 5; N. Wr. Tagbl. vom 7. 1. 1930; Tiroler Anzeiger, 1930, n. 5; Amtsbl. der Landeshauptstadt Innsbruck, 1951, n. 5; Österr. Neue Tagesztg. vom 18. 3. 1956; Neue Zeit vom 19. 1. 1974; Radio Wien, Jg. 5, 1929, n. 36, Jg. 6, 1930, n. 16; Radiowelt, H. 3, 1930; Elektrotechnik und Maschinenbau, Jg. 45, 1927, Jg. 47, 1929, Jg. 48, 1930, Jg. 75, 1958; Bll. für Techn. Geschichte, H. 1, 1932, S. 189; 25. Jahresber. des 2. Bundesrealgymn. Graz, 1935; H. W. Robert, Österr. Erfinder als Wohltäter der techn. Entwicklung, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft vom 3. 4. 1971; Österr. Erfinder. Gedenkbl., 1961. O. N., 1961; E. Attlmayr, Tiroler Pioniere der Technik – 35 Lebensbilder, 1968; M. Habacher, Österr. Erfinder, in: Österr.-Reihe, Bd. 226/228, 1964; Große Österr., 1951; Th. H. Mayer, Vom Gedanken zur Tat. Novellen aus der Geschichte werktätigen Schaffens (Kapitel: Intermezzo in Graz), 1941; Mitt. F. Schulhauser, Leoben (Stmk.) und E. Popp, Wien.
(E. Attlmayr)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 32, 1976), S. 178f.
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