Pichler von Rautenkar, Adolf (1819-1900), Naturwissenschaftler und Schriftsteller

Pichler von Rautenkar Adolf, Naturwissenschafter und Schriftsteller. * Erl (Tirol), 4. 9. 1819; † Innsbruck, 15. 11. 1900. Sohn eines Zollbeamten; stud. an den Univ. Innsbruck und Wien Med. (1848 Dr. med.) und zeichnete sich 1848 als Hptm. der Wr. Studentenkomp. bei der Verteidigung Südtirols bes. aus. 1848/49 und 1849/50 suppl. P. an der Univ. Innsbruck die Lehrkanzel für Naturgeschichte und Allg. Landwirtschaftslehre, erhielt aber, offenbar aus polit. Gründen, die Lehrkanzel nicht, obwohl er sich ab Jänner 1849 auch als Lehrbeauftragter für Mineral. an der Medizin.-chirurg. Lehranstalt zur Verfügung gestellt hatte. Der Antrag der Innsbrucker philosoph. Fak. (1851), P. die Lehrkanzel für Dt. Sprache und Literatur zu verleihen, scheiterte aus denselben Gründen und der Vorschlag derselben Fak. (1860), P. im Zuge der Teilung der naturgeschichtlichen Fächer auf eine neuzuerrichtende Lehrkanzel für Mineral. und Geol. zu berufen, hatte erst 1867 Erfolg. P. hatte sich inzwischen mit der Stelle als Prof. für Naturgeschichte am Innsbrucker Gymn. begnügen müssen. Außer mit botan. und zoolog. Neufunden, die er namentlich in der Z. des Ferdinandeums veröff., und phänolog. Beobachtungen für die meteorolog. Zentralanstalt in Wien befaßte er sich in mehreren Arbeiten mit der alpinen Trias, insbes. der nördlichen Kalkalpen und des Brennergebietes (Entdecker des Ehrwaldits, der Flora der Höttinger Breccie und des Nößlacher Karbons), aber auch mit Gesteinen der westlichen und östlichen Zentralalpen. P. betätigte sich schon als Student dichter., gab 1846 den Musenalmanach „Frühlieder aus Tirol“ heraus und wurde durch seine Idealismus und Realismus vereinenden Werke zum Lehrmeister der Dichtergeneration Jung-Tirols. Neben den aus klass. Anregungen entstandenen Gedichten, Versepen und Epigrammen schrieb er literarhist. Arbeiten, Volkserz., Reisebilder und Erinnerungen. Als repräsentativste geistige Persönlichkeit des Landes prägte er das geistige Leben Tirols im späten 19. Jh. 1877 nob.

W.: Aus dem wälsch-tirol. Krieg, 1849, Aus den März- und Oktobertagen zu Wien 1848, 1850, gem. Neuaufl.: Das Sturmjahr, 1903; Ueber das Drama des Mittelalters in Tirol, 1850; Die Tarquinier (Drama), 1860, 2. Aufl. 1898; Aus den Tirolerbergen, 1861; Kleine Beitrr. zur Botanik Tirols, in: Z. des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg, F. 3, 12, 1865; Der Hexenmeister, 1872; Marksteine, 1874, 2. Aufl. 1898; Neue Marksteine, 1890; Zu meiner Zeit (Lebenserinnerungen), 1892; Ges. Erz., 6 Tle., 1897–98; Aus Tagebüchern (1850–99) (= Ges. Werke 3), 1905; Wanderbilder, 1906; etc. Zahlreiche kleinere Abhh. in Verhh. der Geolog. Reichsanstalt. Lyrik: Lieder der Liebe, 1850; Hymnen, 1855, 3. Aufl. 1897; In Lieb’ und Haß, 1869, 3. Aufl. 1900; Dt. Tage, 1870; Spätfrüchte, 1896; etc. Ges. Werke, 17 Bde., 1905–09; Ausgewählte Werke, 2 Bde., 1927. Hrsg.: Frühlieder aus Tirol, 1846.
L.: Verhh. der Geolog. Reichsanstalt, 1900, S. 333 f.; P. Rosegger, Eine Erinnerung an A. P., in: Heimgarten 25, 1901, S. 278 ff.; J. Jung, Zur Erinnerung an A. P., in: Euphorion 8, 1901, S. 229 ff.; R. v. Srbik, A. P. als Geologe, in: Tiroler Heimatbll., 1930, S. 358 f.; ders., A. P. als Geologe (1819–1900), in: Berr. des Naturwiss.-med. Ver. in Innsbruck 42, 1931, S. 1 ff. (mit geolog. Werksverzeichnis); Biograph. Jb. 5, 1903; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Kosch; Leimbach; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 3–4, s. Reg.; Wurzbach; A. de Gubernatis, Dizionario biografico degli scrittori contemporanei 2, 1880; S. M. Prem, A. P., der Mensch und der Dichter, 1900; ders., A. P. Leben und Schaffen, in: A. P., Ges. Werke, Bd. 1, 1905, S. V ff.; J. E. Wackernell–A. Dörrer, A. P., 1925; Tiroler Ehrenkranz, hrsg. von A. Lanner, 1925, S. 75 ff.; M. Enzinger, Die dt. Tiroler Literatur bis 1900 (= Tiroler Heimatbücher 1), 1929, s. Reg.; R. v. Klebelsberg, Geol. von Tirol, 1935, S. 16 f.; K. Paulin, Tiroler Köpfe, Neuaufl. 1953, S. 170 ff.; O. Stolz, Geschichte des Landes Tirol, Bd. 1, 1955, s. Reg.; K. Adel, Geist und Wirklichkeit, 1967, s. Reg.
(F. Huter)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 36, 1979), S. 59
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