Pirchan, Emil (1844–1928), Maler

Pirchan Emil, Maler. Geb. Kathrein, Mähren (Svatá Kateřina, CZ), 18. 5. 1844; gest. Wien, 22. 6. 1928; röm.-kath. Sohn des Revierförsters Karl Pirchan und von Anna Pirchan, geb. Faber, Vater u. a. des Bühnenbildners, Malers und Gebrauchsgraphikers Emil Pirchan (geb. Brünn, Mähren / Brno, CZ, 27. 5. 1884; gest. Wien, 20. 12. 1957) und von Elsa Pirchan, verheiratete Zaar; ab 1883 verheiratet mit Karoline Pirchan, geb. Sternischtie (geb. 21. 5. 1864; gest. 19. 4. 1945), der Tochter des Brünner Industriellen Karl Sternischtie. – P. studierte nach dem Besuch der Realschule 1860–65 an der Akademie der bildenden Künste in Wien u. a. bei Karl Wurzinger und →Karl Mayer (Vorbereitungsschule/Malerschule) sowie bei →Karl Rahl (Spezialschule für Historienmalerei) und beteiligte sich unter dessen Leitung an der malerischen Ausstattung der Griechenkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit (Wien 1). Nach einigen Jahren materieller Unsicherheit arbeitete er 1873–74 als Zeichenlehrer an der Bürgerschule in Klattau, kehrte 1874 nach Brünn zurück und wirkte bis 1892 als Zeichenlehrer (ab 1875 Professor) an der dortigen Landesoberrealschule. 1878–79 unternahm P. mithilfe eines Stipendiums eine Studienreise nach Italien (Florenz, Rom und Venedig), wo er sich mit Arnold Böcklin anfreundete. Nach seiner Rückkehr avancierte P. in den 1880er- und 1890er-Jahren zum bekanntesten Maler Brünns. Er schuf v. a. Monumentalwerke, so etwa die figuralen Glasfenster im Treppenhaus des Mährischen Gewerbemuseums (1882, heute Moravská galerie v Brně, ausgeführt von →Carl Geylings Erben), Sgraffiti an der Fassade des Hauses der Herren von Leipa (1882, 1938 durch neue Sgraffiti von Emanuel Hrbek ersetzt) und Porträts (Kaiser →Franz Joseph I., 1880, 1883, 1900, 1909; Karl Emanuel Graf Zierotin; Rudolf von Ott; →Gustav Winterholler; Karl van der Strass; →Ferdinand Schnitzler). Daneben gestaltete er Lebende Bilder und Festzüge, so etwa 1892 anlässlich des Besuchs des Kaisers in Brünn den Kostümfestzug, der mit seinen allegorischen Wägen die Einflüsse des Makart-Festzugs von 1879 widerspiegelte und als P.s bedeutendstes Werk auf diesem Kunstsektor gilt. Weiters schuf er Hauptaltargemälde für mehrere mährische Kirchen (Kirche Hl. Johannes der Täufer, Babitz, 1881; Kirche Hl. Maria Magdalena, Kaltenlautsch, 1882; Kirche Hl. Maria Magdalena, Oleschna, 1887) und zwei kleine Altargemälde für die Wallfahrtskirche der Jungfrau Maria in Kiritein (1910). Seine Arbeiten lassen Einflüsse von Rahl und →Hans Makart erkennen, nach 1900 versuchte P. Elemente des Realismus und Symbolismus zu integrieren. Bereits 1873 war er mit „Kunstjüngers Vorerproben“ auf der Wiener Weltausstellung vertreten und beteiligte sich ab den 1880er-Jahren an den Jahresausstellungen des Wiener Künstlerhauses sowie denen des Österreichischen Kunstvereins. Zu seinen bekanntesten Gemälden zählte die „Madonna“, die 1888 in der Jubiläumsausstellung in Wien sowie 1888 bzw. 1889 in München, Berlin, Hamburg und Dresden ausgestellt und in der Folge nach New York City verkauft wurde. 1892 trat P. als Zeichenlehrer vorzeitig in den Ruhestand und widmete sich nur mehr seiner künstlerischen Tätigkeit, die er jedoch nach der Übersiedlung zu seiner Tochter nach Wien (1912) stark einschränkte. P. war ab 1882 Mitglied des Mährischen Kunstvereins, an dessen Ausstellungen er sich regelmäßig beteiligte und der ihm 1906 und 1907 zwei große Personalen widmete. Weiters fungierte er ab 1886 als Obmannstellvertreter der 5. Sektion (Sektion für Kunst und Kunstgewerbe) des Mährischen Gewerbevereins, ab 1895 als Konservator des Mährischen Gewerbemuseums, ab 1900 als Konservator und ab 1903 als Kurator der Mährischen Museumsgesellschaft. Seine Werke befinden sich u. a. in der Moravská galerie, im Muzeum města Brna (beide Brno), im Muzeum umění Olomouc und im Slovácké muzeum v Uherském Hradišti. P. war ab 1884 Korrespondent der Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale.

Weitere W.: Erbauungstunde; Wald-Idylle; Betende.
L.: Neues Wiener Journal, 24. 6. 1928; AKL online; Fuchs, 19. Jh.; Heller 5; Thieme–Becker; Toman; Nová encyklopedie českého výtvarného umění, Dodatky, red. A. Horová, 2006; R. Janás, in: Mezery v historii / Lücken in der Geschichte, ed. M. Fišer, 2018, S. 7ff. (mit Bild); R. Janás, E. P., the Malerfürst of the Brno Ringstrasse, 2019 (mit Bild); ABK, Pfarre Penzing, beide Wien.
(R. Janás)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)