Pokorny, Franz (1797-1850), Theaterdirektor

Pokorny Franz, Theaterdirektor. * Lstiboř (Böhmen), 22. 12. 1797; † Wien-Meidling, 5. 8. 1850. Sohn eines Lehrers, Vater des Theaterdir. und Regisseurs Alois P. (s. d.); zunächst Schulgehilfe, wurde er 1819 Klarinettist am Theater i. d. Josefstadt in Wien, 1822 am Stadttheater in Preßburg (Bratislava). 1827 Orchesterdir. dieses Theaters, 1829 auch Turmmeister von Preßburg. 1835 übernahm P. das verschuldete Stadttheater und führte es, bes. auf dem Gebiet der Oper, zu großen Erfolgen. 1836 pachtete er auch das Stadttheater in Baden, 1837 das Theater i. d. Josefstadt in Wien, das er 1840 kaufte und ausbaute. P. setzte sein Opern- und Schauspielensemble abwechselnd auf diesen drei Bühnen ein; das Repertoire reichte von der Oper (z. B. den Wr. Erstaufführungen von Donizettis, s. d., „Lucia di Lammermoor“, 1843, und „Die Regimentstochter“, 1844) über das klass. Drama und die Posse bis zum glänzend ausgestatteten Zauber- und Maschinenstück (wie etwa Tolds „Der Zauberschleier“, 1842), den sensationellen Gastspielen des Zauberkünstlers Döbler (s. d.) und artist. Vorführungen. 1841 kaufte P. auch das Theater in Ödenburg (Sopron) und errichtete eine Sommerarena in Baden. Durch den Kauf des Theaters a. d. Wien (1845) überflügelte er K. Carl (s. Bernbrunn K.), womit er zur dominierenden Persönlichkeit im Wr. Theaterleben wurde. Die maschinelle Neuausstattung des Hauses, glanzvolle Opernaufführungen mit bedeutenden Kräften, vor allem aber die sensationellen Gastspiele J. Linds (1846 und 1847, bes. bei der Wr. Uraufführung von Meyerbeers „Vielka“, die der Komponist selbst leitete) ließen P. erfolgreich mit der Hofoper, um deren Pacht er sich mehrmals bewarb, konkurrieren. Zu seinen Theaterkapellmeistern gehörten u. a. Suppé und Lortzing, der aber mit der Uraufführung von „Der Waffenschmied“, 1846, und der Wr. Erstaufführung von „Undine“, 1847, wenig Erfolg hatte. Die großen Unkosten der Opernaufführungen, seine finanzielle Sorglosigkeit und eine fortschreitende Erkrankung zwangen P., nachdem er bereits die Leitung der Bühnen in Preßburg, Baden und Ödenburg zurückgelegt hatte, 1848 zur Verpachtung des Theaters i. d. Josefstadt. Auch die revolutionären Ereignisse dieses Jahres trugen zu P.s finanziellem Niedergang bei. Trotzdem ließ er 1849 in Wien-Braunhirschen eine Sommerarena errichten (Rudolfsheimer Sommerarena), übernahm im selben Jahr wieder die Dion. des Theaters i. d. Josefstadt und kaufte die Sommerarena in Wien-Hernals, leitete seine Bühnen aber nur noch nominell. P. gehört trotz seines zu hoch gespannten Ehrgeizes und seines kaufmänn. Unvermögens zu den bedeutendsten Theatermännern seiner Zeit. Seine caritative Tätigkeit und die Einführung der Tantiemen bereits im Jahre 1839 zeigen seinen von den Zeitgenossen gerühmten großzügigen Charakter.

L.: Fremden-Bl. vom 7. 8. 1850, 24. und 25. 10. 1888; N. Wr. Tagbl. vom 6. 9. 1883; Wurzbach; F. Kaiser, Theater-Dir. Carl, 1854, S. 69, 81 f., 85 f.; F. v. Seyfried, Rückschau in das Theaterleben Wiens . . ., 1864, S. 62 ff., 110 ff., 120 ff., 307 f.; F. Wallner, Rückblicke auf meine theatral. Laufbahn . . ., 1864, S. 42 f., 89; F. Kaiser, Unter 15 Theater-Dir., 1870, s. Reg.; F. Schlögl, Vom Wr. Volkstheater, 1883, S. 65 ff., 85 ff.; J. Gregor, Das Theater i. d. Wr. Josefstadt, 1924, S. 38 ff.; R. Biberhofer, 125 Jahre Theater a. d. Wien 1801–1926, 1926, S. 37 ff., 41 ff.; R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen, 1951, S. 64 ff., 80 f.; O. Rommel, Die Alt-Wr. Volkskomödie, 1952, s. Reg.; A. Bauer, 150 Jahre Theater a. d. Wien, 1952, s. Reg.; ders., Das Theater i. d. Josefstadt zu Wien, 1957, s. Reg.; E. Csatkay, A Soproni szinészet története 1841–1950 (= A Soproni Szemle kiadványainak új sorozata 2), 1960, S. 7 ff.; F. Hadamowsky, Das Theater a. d. Wien. Festschrift zum 28. 5. 1962, S. 21 ff.; H. Kindermann, Theatergeschichte Europas 5, 1962, S. 305 f.; Mitt. Ch. Gugg, Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 37, 1980), S. 161f.
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