Potocki, Alfred Gf. (1822-1889), Staatsmann

Potocki Alfred Graf, Staatsmann. * Łańcut (Galizien), 29. 7. 1822; † Paris, 18. 5. 1889. Sohn des Vorigen, Neffe des Off. Artur S. Gf. P. (s. d.) und der Philanthropin Zofia Gfn. P. (s. d.), Cousin des Politikers Adam Gf. P. (s. d.); stand zuerst im diplomat. Dienst; wurde 1861 erbliches Mitgl. des Herrenhauses, 1863 galiz. Landtagsabg. Streng konservativ eingestellt, wirkte P. für die galiz. Autonomie. Der Versuch einer Parlamentarisierung der Regierung führte 1867 zur Errichtung des Ackerbaumin. im sog. Bürgermin. P. übernahm dieses Ressort, wofür ihn seine reichen Erfahrungen als Verwalter des ungeheuren Familienbesitzes befähigten. Polit. gehörte er zur föderalist. Minderheit im Kabinett Auersperg, trat aber auf Wunsch des K. 1870 selbst an die Spitze der Regierung, in der er neben dem Ackerbau- zeitweise auch das Landesverteidigungsmin. leitete. In seine Amtszeit fällt die Kündigung des Konkordats und die Neuordnung des Staatskirchenrechts, das er ablehnte, aber nicht verhinderte. Der Versuch, die Abstinenz mehrerer Nationalitäten vom Reichsrat zu beheben, hatte nur tw. Erfolg, bei den Tschechen scheiterte P. vollends. Die angebahnte Autonomie für Galizien machte jedoch weitere Fortschritte. Im dt.-französ. Krieg trat P. für die Neutralität Österr.-Ungarns ein, doch führten seine Mißerfolge im Inneren 1871 zu seiner Enthebung. P. war weiterhin in Galizien polit. tätig, 1874 als Landmarschall, 1875–83 als Statthalter. Er beobachtete eine streng konservative, föderalist. Linie, hatte Kontakt mit den Ruthenen, suchte aber seine Landsleute in ihren antiruss. Affekten zu mäßigen, da er als Gegengewicht zum Dt. Reich Bismarcks eine Annäherung Österr.-Ungarns an Rußland anstrebte. P., einer der reichsten Grundbesitzer Galiziens, gehörte zu den Organisatoren von Ind. und Landwirtschaft in Galizien. Er war u. a. Präses der Galiz. Hypothekenbank (1867), der Finanzlandesdion. und der Staatsgüter (ab 1875), Vizeprotektor der Akad. der Wiss. in Krakau/Kraków (ab 1872) etc. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Inhaber des Ordens vom Goldenen Vlies (1869).

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(W. Goldinger–J. Zdrada)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 38, 1981), S. 230
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