Pozzi, Victor Ritter von (1870–1945), Jurist und Beamter

Pozzi Victor Ritter von, Jurist und Beamter. Geb. Zara, Dalmatien (Zadar, HR), 15. 12. 1870; gest. Wien, 11. 5. 1945. Sohn des Verwaltungsbeamten und späteren Ministerial-Raths im Ministerium für Cultus und Unterricht Victor Ritter von Pozzi (geb. Mailand, Lombardo-Venetien / Milano, I, 28. 3. 1831; gest. Görz, Görz und Gradisca / Gorizia, I, 28. 12. 1893). – Nach Ablegung der Matura in Görz studierte P. 1888–92 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Anschließend war er im Staatsdienst tätig, zunächst bei der Statthalterei Triest, dann im Ackerbau-Ministerium in Wien. Ab 1905 fungierte er als Bezirkshauptmann von Gradisca. Von 1908 bis zum Kriegseintritt Italiens 1915 wirkte er als ständiger österreichischer Regierungsdelegierter am Internationalen Landwirtschaftsinstitut in Rom, dem Vorläufer der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Nach gut einjähriger Weltkriegsteilnahme in Stabsstellen war er ab 1916 erneut im Ackerbau-Ministerium tätig; 1917 Hofrat. Ab Februar 1919 arbeitete P. ein Jahr lang im Staatsamt für Äußeres der Republik Deutschösterreich. In dieser Zeit fungierte er als Legationsrat 1. Klasse und Vertreter des deutschösterreichischen Gesandten →Ludo Hartmann in Berlin und Weimar sowie neben diesem als weiteres deutschösterreichisches Mitglied im Staatenausschuss, dem interimistischen deutschen Föderativorgan zwischen Bundesrat und späterem Reichsrat. Damit war er – als Höhepunkt seines Wirkens – an den Anschlussbemühungen Deutschösterreichs und an der Entstehung der Weimarer Reichsverfassung vom August 1919 beteiligt. Wie die sonstigen Staatenausschussvertreter besaß er im Verfassungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung beratende Stimme. Dabei war seine Anwesenheit an gut der Hälfte der 45 Ausschusssitzungen doppelt so hoch wie die von Hartmann, bei nur wenigen überlieferten Redebeiträgen beider. Nach dem definitiven Anschlussverbot aufgrund der Verträge von Versailles und St. Germain kehrte P. wieder in das Staatsamt für Land- und Forstwirtschaft, der Nachfolgebehörde des Ackerbau-Ministeriums, zurück. Ende 1922 wurde er im Zuge des Beamtenabbaus vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

L.: Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung 326–336, 1920, passim; W. Goldinger, in: Österreich 1918–1938, ed. K. Skalnitz – E. Weinzierl, 1983, S. 195f.; Der Reichsrat. Vertretung der deutschen Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Reichs 1919–34, ed. J. Lilla, 2006, s. Reg.; AdR, UA, WStLA, alle Wien; Bundesarchiv, Berlin, D.
(J.-D. Kühne)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)