Prechtl, Johann Josef von (1778-1854), Techniker

Prechtl Johann Josef von, Techniker. * Bischofsheim a. d. Rhön, Bayern (BRD), 16. 11. 1778; † Wien, 24. 10. 1854. Sohn eines fürstlich würzburg. Kommerzienrates und Vorstehers eines Eisenhüttenwerkes; stud. an der Univ. Würzburg Phil. und Jus, kam 1801 nach Wien, um beim Reichshofratsgericht zu praktizieren, wandte sich jedoch bereits 1802, neben seiner Tätigkeit als Hauslehrer bei Gf. Taaffe in Brünn (Brno), physikal.-mathemat. und chem. Stud. zu. Bereits 1805 wurde seine Abh. über die Physik des Feuers von der Holländ. Ges. der Wiss. preisgekrönt. 1809 wurde er für kurze Zeit Dir. und Organisator der neugegründeten Real- und naut. Schule in Triest. Ab 1810 Lehrer an der Realakad. bei St. Anna in Wien, arbeitete er im Auftrag der niederösterr. Landesregierung für die Hofkammer die Grundorganisation eines Polytechn. Inst. aus. Dieses sollte, in Lehr- und Lernfreiheit gleichwertig einer Univ., durch die Pflege der Mathematik und Naturwiss. zum „Aufschwung der nützlichen Künste, des Gewerbes und der Industrie“ führen. P. leitete 1814–49 als Dir. diese im dt. Sprachraum erste Lehrstätte vom Typ einer Techn. Hochschule, die späteren Gründungen in Hannover, Karlsruhe und Aachen als Vorbild diente. P.s hervorragende organisator. Leistungen halten seinen naturwiss.-techn. die Waage: Nach einer frühen pädagog. Arbeit beschäftigte ihn zunächst eines der späteren wiss. Hauptthemen seines Lebens, die Grundlage der Theorie des Vogelfluges. Ausgehend von einer einheitlichen Auffassung von Licht, Wärme und Elektrizität verfehlte er bei seinen zahlreichen Versuchen 1808 knapp die spätere fundamentale Ørstedsche Entdeckung des Zusammenhanges zwischen Elektrizität und Magnetismus. Im Streit um den Ursprung der Meteore verfocht er scharfsinnig deren später allg. anerkannten kosm. Ursprung (1808). Er veröff. bis 1810 zahlreiche Beitrr. zu verschiedenen Themen (Theorie des Hagels, Luftfahrt, Zuckerfabrikation, brennstoffsparende Kochherde, Färbekunst, Tilgung der Staatsschuld etc.). In die Zeit beginnender administrativer Belastung fiel bereits das Erscheinen seines bald weit verbreiteten Lehrbuches der Chemie. Als Resultat von gem. mit J. Arzberger (s. d.) durchgeführten Versuchen wies er die Wirtschaftlichkeit der Gasbeleuchtung öff. Straßen in der Praxis nach. P.s Vielseitigkeit beweist auch sein grundlegendes Werk über die prakt. Fernrohrherstellung und die Konstruktion eines barometr. Höhenmessers. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1846 Ehrenbürger von Wien, 1847 w. Mitgl der Akad. der Wiss. in Wien, 1849 nob.

W.: Ueber die Fehler in der Erziehung . . ., 1804; Grundlehren der Chemie in techn. Beziehung, 2 Bde., 1813–15, Neuaufl. 1817; Anleitung zur zweckmäßigsten Einrichtung der Apparate zur Beleuchtung mit Steinkohlen-Gas, 1817; Prakt. Dioptrik . . ., 1828; Untersuchungen über den Flug der Vögel, 1846; zahlreiche Abhh. in Fachz. etc. Hrsg.: Jbb. des k. k. polytechn. Inst. in Wien, 1819 ff.; Technolog. Enc. . . ., 20 Bde., 1830–55.
L.: Almanach Wien 6, 1856, S. 77 ff. (mit Werksverzeichnis); ADB; Groner; Kosch, Das kath. Deutschland; Poggendorff 2; Wurzbach; Landwirthschaftliches Conversations-Lex. für Praktiker und Laien, hrsg. von A. v. Lengerke, 3, 1838; Die k. k. Techn. Hochschule in Wien 1815–1915, red. von J. Neuwirth, 1915, s. Reg.; A. Lechner, Geschichte der Techn. Hochschule in Wien (1815–1940), 1942, s. Reg.; R. Meister, Geschichte der Akad. der Wiss. in Wien 1847–1947 (= Denkschriften Wien 1), 1947, s. Reg.; Österreichische Naturforscher, Ärzte und Techniker, hrsg. von F. Knoll, 1957, S. 151 ff.; H. Gollob, Geschichte der Techn. Hochschule Wien, 1964, S. 7 ff.; 150 Jahre Techn. Hochschule in Wien 1815–1965, 1–2, hrsg. von H. Sequenz, 1965, s. Reg.; W. Ritzer, Die J.-J.-Ritter-v.-P. Medaille, 1970; 1000 Jahre Österr., hrsg. von W. Pollak, 2, 1973, S. 140 ff.
(W. Kummer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 38, 1981), S. 251f.
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