Rad, Jakob Christof (1799-1871), Erfinder und Fachschriftsteller

Rad Jakob Christof, Erfinder und Fachschriftsteller. * Rheinfelden, Kt. Aargau (Schweiz), 25. 3. 1799; † Wien, 13. 10. 1871. Verlebte Kindheit und Jugend in Wien, wurde zum Kaufmann ausgebildet und war, zeitweise im Ausland lebend, lange ohne feste Stellung. 1840–46 leitete er als Dir. die Zuckerraffinerie in Datschitz (Dačice) und besaß daneben auch eine von ihm gegründete Fruchtsiederei und Schokoladefabrik. 1846–49 war er in Wien Sekretär der Handelskammer sowie kurze Zeit Handlungsagent und Prokurist einer Spezereiwarenhandlung. 1849 kam er als provisor. Insp. für die Staatstelegraphen nach Triest, um das von ihm erfundene opt. Telegraphensystem in einer Versuchslinie an der istr. Küste aufzubauen. Dieser Auftrag gelangte jedoch nicht zur Ausführung und R. verließ ca. 1853 den Staatsdienst. Er war zunächst in Königsfeld (Královo Pole), dann in Königsaal (Zbraslav), ab 1856 in Libeznitz (Líbeznice) bei Prag in der Zuckerind. tätig und arbeitete auch für den Ver. für Rübenzucker-Ind. im Kaiserthum Österr., an dessen Zustandekommen er mitgewirkt hatte. Er fungierte in Prag 1855/56 als Sekretär des Ver. und leitete ab 1860 als Geschäftsführer und Sekretär dessen Agentur in Wien, ab 1863, nach Verlegung des Ver.Sitzes nach Wien, als Gen.Sekretär. Ab 1864 red. er auch den „Marktbericht des Vereins für die Rübenzucker-Industrie im Kaiserthum Österreich“, die erste Fachz. auf diesem Gebiet in den österr. Ländern. R. stellte bereits um 1840 Versuche zur Herstellung von Würfelzucker an. Nachdem er am 23. 1. 1843 ein fünfjähriges Privileg auf die Erfindung, Rohrzucker mittels Maschinen in Würfelform raffiniert darzustellen, erhalten hatte, kam der in Datschitz fabrizierte Würfelzucker noch im selben Jahr als Thee-Zucker oder Wr. Würfelzucker in den Handel. R.s Name als Erfinder des Würfelzuckers geriet aber bald in Vergessenheit, umsomehr als er das ihm erteilte Privileg der Datschitzer Zuckerraffinerie bzw. deren Besitzer F. v. Grebner abtrat, weshalb dieser fälschlich als Erfinder des Würfelzuckers angesehen wurde. R.s reiche Publ.Tätigkeit auf dem Gebiet der Zuckerind. galt hauptsächlich steuer- und zollpolit. Fragen. In seinem „Associations-Entwurf für Rohzucker-Fabriken . . . “ entwickelte er bereits den modernen Konzerngedanken. Mit der Neuhrsg. der in seinem Werk „Die Rübenzucker-Ind. in Österr. vom Standpunkte der Volkswirtschaft und Finanzpolitik“, 1857, erstmals erstellten Adressenliste unter dem Titel „Die Rübenzuckerfabrikation des Kaiserthumes Österreich sammt jenen des deutschen Zollvereins im Jahr 1861“, 1861, realisierte er als erster den Gedanken eines period. erscheinenden, alle Änderungen berücksichtigenden Adreßbuches für Zuckerfabriken.

W.: Der Rübenzucker in national-ökonom., finanzieller, industrieller und landwirtschaftlicher Beziehung . . ., 1848; Colonisationsplan für Ungarn, Siebenbürgen, Slavonien, Galizien und die Bukowina, 1852; Vorschlag zur Errichtung einer Centralraffinerie in Prag, 1858; Beleuchtung der Rübenbesteuerungsfrage, 1862; Colonial- oder Rübenzucker, welcher von beiden verdient in Oesterr. größeren Schutz?, 1862; Associations-Entwurf für Rohzucker-Fabriken behufs Errichtung gemeinschaftlicher Raffinerien, 1862; Beleuchtung der Zuckerfrage im neuen Zolltarifs-Entwurfe . . ., 1864; Zucker-Production, Einfuhr und Consumtion in Europa, 1866; Boden und Production. Ein Versuch zur Lösung der Aufgabe die Bodenproduction in Oesterr. schneller zu heben, 1866; etc. Hrsg.: Gesetz-Smlg. für Zucker- und Spiritus-Fabrikation und Bierbrauerei . . ., 1863, 2. Ausg. 1871; Adressen der Rübenzucker-Fabriken des Kaiserthums Rußland, Oesterr., des Zoll-Ver., Belgien, Frankreichs, Hollands und der Raffinerien Englands . . ., 1865, 5. Ausg.: Adressen- und Jb. der österr.-ung. Rübenzucker-Fabriken und Raffinerien . . ., 1871; etc.
L.: Kurier vom 14. 8. 1974; R. E. Grotkass, Die Geschichte des Würfelzuckers und seines Erfinders J. Ch. R., in: Z. für die Zuckerind. der Čechoslovak. Republik 58, 1933/34, S. 20 ff., 29 ff., 37 ff., 44 ff., selbständig 1933.
(M. Habacher)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 39, 1982), S. 366f.
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