Reggio Isacco Samuele, Polyhistor und Rabbiner. Görz, 15. 8. 1784; ebenda, 29. 8. 1855. Sohn des Görzer Rabb. Abramo V. R. (1755–1842), einer anerkannten Autorität auf dem Gebiet des Talmuds; zeigte schon früh eine umfassende wiss. und künstler. Begabung; 1810–13 war er Prof. der schönen Literatur, Geschichte und Geographie am Lyzeum in Görz. Danach widmete er sich hist.-krit. Untersuchungen der jüd. Tradition, wobei er sich eher von der seit jeher bestehenden kulturellen Aufgeschlossenheit der italien. Juden als vom Reformeifer bestimmter dt. Juden leiten ließ. Er betrachtete jedoch die Häupter der Berliner jüd. Aufklärung, Mendelssohn und Wessely, als seine großen Vorbilder und kann mit Recht ihr vollkommener Nachahmer innerhalb des italien. Judentums genannt werden. 1842 wurde er als Nachfolger seines Vaters Rabb. in Görz. R.s literar. und öff. Tätigkeit kam zugute, daß er seit seiner Heirat (1808) wirtschaftlich unabhängig war. Die Edition früherer prominenter Autoren wie Elia del Medigo oder Leone Modena gab ihm Gelegenheit, in den Anmerkungen seine persönliche Meinung zu aktuellen Themen zu äußern; in seiner theolog. Einstellung zeigte sich eine gewisse Entwicklung von konservativer Gläubigkeit zu gemäßigt liberalen Tendenzen. In seinem Werk „Ha-torah wehafilosofiah“ (Thora und Phil.), 1827, setzte er sich theoret. mit dem Verhältnis der Religion zur profanen Bildung und Wiss. auseinander, wobei er fand, daß zwischen ihnen kein Gegensatz bestehe, vielmehr könne der bibl. begründete Glaube durch das weltliche Wissen nur gewinnen. Eine Verwirklichung dieses Prinzips war das 1829 gegründete Collegio Rabbinico von Padua, das erste moderne Rabb.Seminar, als dessen geistiger Vater R. gilt, u. a. wegen seiner anonym veröff. Broschüre „Riflessioni d’un Israelita . . . sopra un articolo del Decreto di S. M. I. R. A. . . . risguardante la nomina de’ futuri rabbini in tutti gli stati eredetarj della Monarchia Austriaca“, 1822.