Reichel, Anton (1877-1945), Kunsthistoriker und Komponist

Reichel Anton, Kunsthistoriker und Komponist. * Graz, 20. 11. 1877; † Wien, 21. 2. 1945. Sohn eines Apothekers; stud. an der Univ. Graz Archäol., Germanistik und Kunstgeschichte, vor allem bei Strzygowski, 1905 Dr. phil. In Graz begonnene Musikstud. setzte er 1911–13 in Wien bei Förster am Neuen Konservatorium fort. 1908 begann R. als Praktikant an der damals von Erzh. Friedrich verwalteten Graph. Smlg. Albertina, wurde 1913 Kustosadjunkt, 1918 Kustos, 1934 Dir.Stellvertreter, 1938 kommissar., 1942 definitiver Dir. der Smlg., 1935 HR. R. vereitelte 1936 (gem. mit Tietze) den von den Erben Erzh. Friedrichs, des letzten fideicommissar. Treuhänders der Albertina, heimlich versuchten Verkauf von Smlg.Objekten nach Amerika und bemühte sich, die Albertina vor Zugriffen der nationalsozialist. Machthaber zu bewahren sowie ihre wesentlichsten Schätze vor den Bombenangriffen des Zweiten Weltkrieges zu bergen. Als Kunsthistoriker folgte er in seinem ausgeprägten Interesse für die graph. Techniken dem Vorbilde J. Meders (s. d.) und unterrichtete in diesem Sinne 1921–38 als Prof. für Kunstgeschichte an der Wr. Graph. Lehr- und Versuchsanstalt. Seine Publ. „Die Clairobscur-Schnitte. . .“ ist ein maßgebendes Hdb. auf diesem Gebiete. Seine übrigen Schriften beziehen sich auf die Albertina, ihre Geschichte und Bedeutung, auf Dürer, den Kupferstich und die Radierung im allg. sowie auf das Schaffen zeitgenöss. Künstler unter bes. Berücksichtigung der Graphik. Als Musiker komponierte R. ca. 100 Lieder und zu seiner Zeit sehr beachtete Werke der Kammer- und Orchestermusik. Gem. mit Benesch und Mertin führte er die Albertina-Konzerte ein, musikal. Abende in Verbindung mit mehr oder weniger einschlägigen Ausst.

W.: Liebeslieder des Ostens für eine Singstimme und Orchester, op. 11a, 1936; Klaviertrio, Es-Dur, op. 10; Klavierstücke, op. 13; Sonate für Viola und Klavier, op. 14; Lieder; Frauen- und Männer-Chöre; etc. Musikal. Nachlaß: Musiksmlg., Österr. Nationalbibl., Wien.–Publ.: Die Handzeichnungen der Albertina ( = Österr. Kunstbücher 31–32/33), (1921–23); Die Clair-obscur-Schnitte des 16., 17. und 18. Jh., (1926); A. Duerer ( = Albertina Wien. Kleine Führer 1), (1938); etc.
L.: Völk. Beobachter (Wr. Ausg.) vom 28. 2. 1945; Die Presse vom 17. 3. 1979; L’Informateur 3, 1936, n. 9, S. 14; Kosch, Kath. Deutschland; Kürschner, Gel.Kal., 1935; Riemann, 11. Aufl.; W. Koschatzky–A. Strobl, Die Albertina in Wien, (1969), S. 49.
(E. Knab)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 28f.
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