Reis, Isaak; Ps. Moishe Nadir (1885-1943), Schriftsteller und Journalist

Reis Isaak, Ps. Moishe Nadir, Schriftsteller und Journalist. * Narajów (Galizien), März 1885; † Woodstock, N. Y. (USA), 8. 6. 1943. Besuchte bis zu seinem 12. Lebensjahr eine Chederschule; 1898 emigrierte seine Familie nach den USA und lebte in sehr ärmlichen Verhältnissen. Im Alter von 16 Jahren begann R. als Agent für eine Versicherungsges. zu arbeiten. Ab 1903 veröff. er in jidd. Z., wie „Zukunft“, „Naje zajt“, „Dos idische Wochenblatt“, „Di Woch“, „Der idische Kemper“, „Dos naje Land“, Ged., Erz. und Humoresken. 1910 red. er gem. mit J. Adler die Halbms. „Der idische gazlen“, wovon jedoch nur vier Nummern erschienen. Einige Humoresken veröff. R. in dem Jugendbl. „Der idische beker“ und in der in Philadelphia erscheinenden Z. „Idischer Welt“, mit der er ab 1918 in enger Verbindung stand. Er war auch Mitarbeiter von „Literatur un lebn“, einem Organ junger Literaten. Die Z. „Tog“ publ. seine lyr.-philosoph. Miniaturen „Fun mentš tsu mentš“, die R. den Ruf eines großen Stilisten einbrachten. 1922–39 war er Red. der jidd. kommunist. Ztg. „Frajhajt“, in der er die Gegner der Parteilinie scharf angriff. Nach dem Stalin-Hitler-Pakt wandte er sich jedoch vom Kommunismus ab. Einige seiner Werke erschienen im Wochenbl. „Hajnt“ sowie in den Mss. „Feder“, „Unser buch“ und „Hamer“. R.’ Interesse galt auch dem jidd. Theater; er schrieb Dramen und Theaterkritiken, in denen er die an den amerikan. jidd. Bühnen zunehmende Verflachung geißelte. Seine Arbeiten in engl. Sprache erschienen in „Smart Set“, „Pagan World“, „The Fiction Pub. Co.“, „American Hebrew“. R. ist der Schöpfer eines neuen, originellen, klischeefreien Sprachstils in der jidd. Literatur. Alle seine Werke zeichnen sich durch tiefe lyr. Stimmung, Gedankenreichtum sowie durch Originalität des Ausdrucks aus. Bissigkeit und Ironie, von der sogar seine Lyrik durchdrungen ist, rücken ihn in die Nähe Heines. Getrennt von den Traditionen der alten Heimat, der er seine schönsten Werke widmete, wurde R. zum Sprecher des modernen amerikan. Judentums.

W.: Fun mentš tsu mentš (Von Mensch zu Mensch), 1919, Neuaufl. 1928; Verk in 6 bent (Werke in 6 Bde.), 1919; Unter der zun (Unter der Sonne), 1926, Neuaufl. 1966; Geklibene verk (Ausgewählte Werke), 1928; Teaterteksten (Theatertexte), 1932; Teg fun meine teg (Tage von meinen Tagen), 1935; Tint un feder (Tinte und Feder), 1936; Polemik, 1936; Kind on kajt (Kind ohne Kette), 1936; etc. Übers.: P. Altenberg, Vi ikh seh es (Wie ich es sehe), 1923; G. Hauptmann, Der eingezunkener glok (Die versunkene Glocke), 1928; R. Kipling, Fervos un farvegn geshikhtn (Just So Stories for Little Children), 1928; etc.
L.: (meist unter Nadir M.): Enc. Hebr:; Enc. Jud.; Universal Jew. Enc.; Wininger; I. Horowitz, Vegen M. N., 1919; N. Steinberg, A bukh M. N., 1926; S. Reisen, Leksikon fun der yidd. literatur un presse 2, 2. Aufl. 1927; Nadirgang fun 1906–37, 1937; Moydeh ani, hrsg. von L. Feinberg, 1944 (mit Autobiographie); S. Lestchinsky, Literariše esseisen, 1955, S. 126 ff.; S. D. Singer, Dikhter un Prosaiker, 1959, S. 57 ff.; I. Manger, Noente geštaltn, 1961, S. 448 ff.; A. Tabachnik, Dikhter un dikhtung, 1965, S. 268 ff.; I. Ch. Biletzky, Massoth bišvil sifruth yidiš, 1966, S. 123 ff., engl.: Essays on Yiddish Poetry and Prose Writers, 1967, S. 129 ff.; S. Liptsin, Maturing of Yiddiš Literature, 1970, S. 34 ff.; Mitt. H. Knoepfmacher († ), New York, USA.
(R. Pytel)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 53f.
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