Reithoffer, Johann Nep. (1781-1872), Erfinder und Industrieller

Reithoffer Johann Nep., Erfinder und Industrieller. * Feldsberg (Valtice, Mähren), 13. 4. 1781; † Wien, 6. 5. 1872. Sohn eines Schneiders; lernte zunächst bei seinem Vater die Schneiderei, ab 1795 durchwanderte er halb Europa und verbrachte einige Zeit in Paris, wo er auch Vorlesungen über Chemie besuchte. 1805 kehrte er in die Heimat zurück und arbeitete als Geselle bei einem Schneider in Nikolsburg (Mikulov). 1807 machte sich R. selbständig und begann mit Experimenten, Gewebe wasserdicht zu machen, zunächst mit einer Abkochung von Beeren der Leinmistel in Sonnenrosenöl, der er kaust. Soda zusetzte. 1824 erhielt er ein Privileg, „Wolltücher zu Kleidern wasserdicht zu machen“. Um diese Erfindung auszuwerten, verkaufte R. 1825 sein florierendes Schneidergeschäft und übersiedelte nach Wien in die Vorstadt Rossau. Er experimentierte weiter – nun schon mit Kautschuk – und bekam 1827 ein Privileg für die Herstellung „wasserdichter Schuhe und Stiefel mittels Maschinen“. Der entscheidende Durchbruch gelang ihm jedoch, als er 1828, gem. mit dem Handelskommis Purtscher, ein Privileg auf die Erfindung erhielt, „mittels Maschinen zweierlei Gattungen elastische Federschnüre (Kautschuk) und Gewebe zu verfertigen“. 1831 gründete er – erstmals auf dem Kontinent – eine Fabrik zur Herstellung gummierter Gewebe, 1852 wurde der Betrieb von Wien in das neuerrichtete Fabriksgebäude in Wimpassing bei Neunkirchen verlegt. 1853 übergab R. das Werk seinen Söhnen. 1856 wurde der Firmenname auf Niederösterr. k. k. Landesbefugte Gummielasticum und Guttaperchawarenfabrik des J. Nep. R. in Wimpassing/Schwarzathal geändert. Zur Zeit seines Todes waren in der Fabrik rund 800 Arbeiter beschäftigt, die u. a. wöchentlich 15 000 Paar wasserdichte Schuhe, 120 000 Kämme, 500 wasserdichte Mäntel und Röcke erzeugten.

L.: Kleines Volksbl. vom 24. 6. 1962; Exner, Gewerbe und Erfindungen 1, S. 354 ff.; Groner; Kosch, Kath. Deutschland; Slokar, S. 629 f.; J. N. R. Ein Lebensbild, entworfen von seinen Söhnen Ludwig und Moritz, 1894; Österr. Naturforscher und Techniker, Neuausg. 1951, S. 200; E. Kurzel-Runtscheiner, Erfindungen aus Österr., 2. Aufl. 1953, S. 15; J. Mentschl, Österr. Wirtschaftspioniere, 1959, S. 32 ff.; J. Mentschl–G. Otruba, Österr. Industrielle und Bankiers ( = Österr.-R. 279/281), 1965, S. 77 f.; G. Holzmann, Unternehmer aus NÖ ( = Schriften der Handelskammer NÖ 7), 1967, S. 45 ff.; 150 Jahre Österr. Kautschukind. 1824–1974. Von J. N. R. zur Semperit-Gruppe ( = Molden R. Ind.Monographien 1), 1975, S. 13 ff.
(H. Seper)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 68f.
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