Richter, Albert (1843-1897), Politiker und Jurist

Richter Albert, Politiker und Jurist. * Chotzen (Choceň, Böhmen), 1. 11. 1843; † Wien, 3. 3. 1897. Stud. 1862–66 an der Univ. Wien Jus (1872 Dr. jur.) und trat 1869 als Konzipient in die Advokaturskanzlei des späteren Bürgermeisters Prix (s. d.) ein. 1875 machte er sich als Advokat in Wien selbständig. Polit. dem Liberalismus verpflichtet, wandte sich R. bald der Kommunalpolitik zu. 1885– 96 war er Mitgl. der liberalen Mehrheitsfraktion im Wr. Gemeinderat, 1890–96 niederösterr. Landtagsabg. Seine größten Verdienste liegen auf dem Gebiet der Stadterweiterung und des Ausbaues der Wasserversorgung Wiens. In den Debatten um die 1891 beschlossene Einverleibung der Wr. Vororte war R. als zuständiger Referent im niederösterr. Landtag Wortführer der Liberalen und Kontrahent Luegers (s. d.). 1891 Zweiter, 1892 Erster Vizebürgermeister von Wien. 1895 wurde er von der liberalen Gemeinderatsfraktion zum Bürgermeister gewählt, aber die Regierung verweigerte aufgrund der Tatsache, daß er seiner Heirat wegen konfessionslos geworden war, die Bestätigung. Von allen Seiten angegriffen, auch von der eigenen Partei, trat R. von der Kandidatur zurück, sodaß die Wahl Luegers zum Bürgermeister von Wien nun nicht mehr verhindert werden konnte. Die Zeit der liberalen Bürgermeister war damit vorbei.

L.: Wr. Ztg. vom 3. (Abendausg.), 5. und 6. 3. 1897; Dr. A. R., in: Jurist. Bll. 26, 1897, S. 115 f.; Biograph. Jb. 2, 1898, S. 335 ff., 4, 1900, S. 523; Groner; F. Czeike, Liberale, Christlichsoziale und Sozialdemokrat. Kommunalpolitik (1861–1934) . . ., 1962; E. Gf. Kielmansegg, Kaiserhaus, Staatsmänner und Politiker, hrsg. von W. Goldinger, 1966, S. 235, 251 f.; F. Czeike, Wien und seine Bürgermeister, (1974), S. 337 f.
(E. Brix)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 42, 1985), S. 120
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