Richter, Franz X. Johann (1783-1856), Seelsorger, Historiker, Lehrer und Bibliothekar

Richter Franz X. Johann, Seelsorger, Historiker, Schulmann und Bibliothekar. * Hotzenplotz (Osoblaha, österr. Schlesien), 18. 8. 1783; † Wien, 24. 5. 1856. Stud. in Olmütz (Olomouc) kath. Theol. und war nach der Priesterweihe (1806) in der Seelsorge in Olmütz, Wildgrub (Václavov u Bruntálu) und Teschen (Cieszyn) tätig. Ab 1808 wirkte R. als Prof. für Geschichte und Geographie am Gymn. in Brünn (Brno), 1816–24 als Prof. der Universalgeschichte am Lyzeum in Laibach (Ljubljana), ab 1824 als Bibliothekar an der Lyzeal bzw. Univ.Bibl. in Olmütz. 1836 Dr. theol. Nach seiner Pensionierung (1844) lebte er in Wien. R. begann sich in Brünn schriftsteller. zu betätigen; zuerst waren es poet. Versuche, dann Beitrr. zur Geschichte Mährens. In Laibach dehnte er seine hist. Forschungen auf Innerösterr., insbes. auf Krain und das Küstenland sowie auf Friaul aus. In der Laibacher Ära war R., der sich Krain zeit seines Lebens stark verbunden fühlte, am schöpferischsten. Er entdeckte viele unbekannte Materialien zur Landesgeschichte, sodaß seine Schriften zweifellos einen neuen Beitr. zur heimatkundlichen Literatur darstellen, obwohl viele von ihnen heute veraltete Hypothesen enthalten. Wegen seiner hist. Schriften auch kritisiert, brach er deswegen seine Mitarbeit an Hormayrs (s. d.) „Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst“ ab. Seine topograph. Aufsätze und Reisebeschreibungen, die manchmal sogar poet. inspiriert und mit hist. Reminiszenzen angereichert sind, haben ihren Wert – im Gegensatz zu seinen Biographien – bis heute nicht verloren. Um die Zeit seiner Pensionierung widmete er sich vor allem dem religiösen Schrifttum. R., dessen spätere Vorlesungen mehr der slaw. Geschichte gewidmet waren, war ein guter Lehrer. Zu seinen Schülern gehörten u. a. Prešeren (s. d.), Vesel-Koseski, Čop (s. d.) und die Bischöfe Baraga (s. d.), A. Gollmayer und A. M. Slomšek. Durch R. angeregt, widmeten sich Costa und Klun (s. d.) der Heimatkde. In Laibach war er 1817–24 Red. der amtlichen „Laibacher Zeitung“ und deren beiletrist. Beilage „Laibacher Wochenblatt“ (ab 1819 „Illyrisches Blatt“). Er hob das fachliche und künstler. Niveau, gewann neue Mitarbeiter und veröff. selbst darin Abhh. aus verschiedenen Fachgebieten. R. versuchte, die Bewohner des in Anlehnung an die Illyr. Provinzen neu geschaffenen Kg.Reichs Illyrien als Leser zu gewinnen. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Konsistorialrat, o. Mitgl. des Hist. Ver. für Krain und Ehrenmitgl. des Hist. Ver. für Kärnten.

W.: Poet. Versuche, 1811; Cyrill und Method, eine Rede . . ., 1816; Austria Erit In Orbe Ultima, 1818; S. Zois, Frh. v. Edelstein, 1820; Bibl. Erziehungslehren für Aeltern und Erzieher, 1827, 2. Aufl. 1846; Augustini Olomucensis Episcoporum Oloumucensium series quam recensuit, continuavit . . ., 1831; Die ältesten Original-Urkunden der Olmützer Erzbischöflichen Kirche, 1831; Kurze Geschichte der Olmützer Univ. und des Ursprungs der mähr. schles. Gymn., 1841; etc. Zahlreiche Abhh. u. a. in Laibacher Wochenbl., 1817–18, Archiv für Geographie, Historie, Staatsund Kriegskunst, 1818–26, Illyr. Bl., 1819–27, 1840, Steir. Z., 1834–36, Mitth. des hist. Ver. für Krain, 1846–54, Archiv für Kärnten, 1849– 50.
L.: Olmützer Bll., 1963, n. 10; V. Klun, Ueber die Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung in Krain, in: Mitth. des hist. Ver. für Krain 12, 1857, S. 52; Der Aufmerksame, 1857, S. 216 ff. (mit Werksverzeichnis); ADB; Giebisch – Gugitz; Goedeke, s. Reg.; Kosch; Masaryk; Nar. Enc.; Otto (s. R. Josef); SBL; Wurzbach; R. Zimprich, Die Prof. der k. k. Franzensuniv. zu Olmütz (1828–1855), 1962, s. Reg.
(M. Rybář)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 42, 1985), S. 125
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