Richter, Helene (1861-1942), Anglistin und Theaterwissenschaftlerin

Richter Helene, Anglistin und Theaterwissenschafterin. * Wien, 4. 8. 1861; † KZ Theresienstadt (Terezín, Böhmen), 8. 11. 1942. Schwester der Romanistin Elise R. (s. d.); gem. mit dieser privat unterrichtet, bildete sie sich durch autodidakt. Stud. sowie Vorlesungen an der Univ. Wien (ab 1891 Gasthörerin) und ausgedehnte Reisen durch Europa und Nordafrika weiter. Nach frühen dichter. Versuchen wandte sie sich in erster Linie der wiss. Publizistik – vorzüglich auf dem Gebiet der engl. Literatur – zu und verfaßte Burgtheaterrezensionen für literar. Jbb., die sie zu tiefergehender Beschäftigung mit der Geschichte des Burgtheaters und zu meisterhaften, psycholog. einfühlsamen Schauspielercharakteristiken führten. Ihren Ruf als Anglistin begründete R. mit ihrer Geschichte der engl. Romantik; darüber hinaus bereicherte sie die Shakespeareforschung und wurde insbes. durch ihre Monographien bedeutender engl. Dichter bekannt. Aufgrund ihrer Werke wurde sie 1931 Dr. h. c. der Univ. Heidelberg und Erlangen. R. lebte mit ihrer Schwester zusammen; ihr Wr. Heim war durch Jahre Treffpunkt bedeutender Wissenschafter und Künstler.

W.: M. Wollstonecraft, 1897; P. B. Shelley, 1898; Th. Chatterton ( = Wr. Beitrr. zur engl. Philol. 12), 1900; W. Blake, 1906; G. Eliot ( = Wiss. Frauenarbeit 1, H. 4/5), 1907; Schauspieler-Charakteristiken ( = Theatergeschichtliche Forschungen 27), 1914; Geschichte der engl. Romantik, 2Bde., 1911–16; Unser Burgtheater, 1918; Shakespeare der Mensch ( = Engl. Bibl. 3), 1923; J. Lewinsky, (1926); Lord Byron, 1929; Shakespeares Gestalten ( = Die neueren Sprachen, Beih. 18), 1930; Kainz, (1931); A. Wilbrandt-Baudius, hrsg. von R. Zitta, 1963; Il carteggio di A. Mussafia con E. e H. R., hrsg. von L. Renzi, in: Atti dell’Ist. Veneto di scienze, lettere ed arti 122, Cl. di scienze morali e lettere, 1964, S. 498 ff.; zahlreiche Beitrr., u. a. in Jb. der Goethe-Ges., Jb. der dt. Shakespeare-Ges., Engl. Stud., Anglia, N. Österr. Biogr.; etc. Die drei grossen Tragödinnen des Burgtheaters im 19. Jh., 3 Bde., Manuskript, Wr. Stadt- und Landesbibl., Wien; Briefe, Hss.Smlg. und Theatersmlg., Österr. Nationalbibl., Hss.Smlg., Wr. Stadt- und Landesbibl., beide Wien.
L.: H. Kuranda, Frauen von heute, H. R., in: Die Österreicherin 4, 1931, n. 8, S. 4; Giebisch-Gugitz; Jb. der Wr. Ges., 1929; Kosch; Kosel 1; Lex. dt. Frauen der Feder, hrsg. von S. Pataky, 2, 1898; Lex. der Frau, (1954); Das Burgtheater und sein Publikum 1, hrsg. von M. Dietrich ( = Sbb. Wien, phil.hist. Kl. 305), 1976, s. Reg.; M.-Th. Kerschbaumer, Der weibliche Name des Widerstands, 1980, S. 17 ff.; H. H. Christmann, Frau und „Jüdin“ an der Univ. Die Romanistin E. Richter ( = Akad. der Wiss. und der Literatur. Abhh. der Geistes- und sozialwiss. Kl., 1980, 2), 1980, S. 6 ff., 38 ff., 44 ff.; E. Richter, Summe des Lebens, 1940, Manuskript, Hss.Smlg., Wr. Stadt- und Landesbibl., Wien.
(E. Lebensaft – G. Prantl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 42, 1985), S. 127
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