Roth, Franz (1841–1909), Architekt und Baumeister

Roth Franz, Architekt und Baumeister. Geb. Wien, 21. 9. 1841; gest. ebd., 24. 12. 1909; röm.-kath. Sohn des Metallwarenfabrikanten Georg Roth (1797–1869) und der Theresia Roth, geb. Alt, Bruder der Munitionsfabrikanten →Georg Roth und Johann (Jean) Roth (1837–1906), Vater u. a. des Architekten Georg Roth (geb. 1874) und des Malers Johann Roth (geb. 1876); ab 1873 (1900 Scheidung) verheiratet mit Maria Wilhelmine Kautsky (1856–1949), der Tochter von →Jan Kautsky. – Aus einer sehr vermögenden Familie stammend, absolvierte R. vorerst das Polytechnikum in Stuttgart und danach die Bauakademie in Berlin. 1860–62 besuchte er das polytechnische Institut in Wien, um schließlich seine Ausbildung 1861/62 an der Akademie der bildenden Künste bei →August Sicard von Sicardsburg und →Eduard van der Nüll abzuschließen. Ab ca. 1864 arbeitete er als selbstständiger Architekt und erwarb 1878 auch die Baumeisterkonzession. In der Folge errichtete R. v. a. zahlreiche Wohnbauten. Neben seinem Stadthaus (Wien 3, Strohgasse, nicht erhalten), das als Renaissanceschlösschen konzipiert war, entwarf er insbesondere eine Reihe von Villen, überwiegend für sich und seine Brüder, darunter die beiden Familienvillen in Hietzing (Auhofgasse und Steckhovengasse, beide um 1900, nicht erhalten) und den schlossartigen Ansitz der Villa Roth in Gößl am Grundlsee (1885). Generell waren diese Bauten vom üppigen Formenreichtum des Historismus geprägt. Dieser Ausrichtung entsprachen auch R.s Mietshäuser wie das Eckhaus am Kohlmarkt („Husarenhaus“, 1896, Wien 1), während das Wohnhaus in der Prinz Eugen-Straße (1906, Wien 4) bereits den eleganten Formen des Jugendstils verpflichtet war. Darüber hinaus war R. mit Nutzbauten wie dem Schweineschlachthaus in St. Marx (1893, Wien 3) oder phantasievollen Ausstellungsobjekten („Papierturm“ für die Papierfabrik Schlöglmühl, 1888; Patronenbehälter in Würfelform für die Firma Roth & Co., 1897) befasst. Sein bedeutendstes Projekt war das Raimundtheater in Wien 6 (1893), das nach dem von ihm erdachten Brandschutzsystem „Asphaleia“ für rund 1.600 Besucher konzipiert worden war. Bereits 1882 hatte R. nach dem Ringtheaterbrand in Zusammenarbeit mit seinem Schwiegervater und Ingenieur Robert Gwinner dieses patentierte System ausgearbeitet, das darauf beruhte, dass nicht brennbare Materialien zum Einsatz kamen und die Raumanordnung eine möglichst schnelle Räumung ermöglichte. Formal orientierte sich das Gebäude jedoch weitgehend an den Theaterbauten von →Ferdinand (II.) Fellner und →Hermann Helmer. R., der auch einige fachspezifische Artikel publizierte, spielte eine nicht unwichtige Rolle im Wiener Kulturleben und war kurzfristig Vertreter der Liberalen im Gemeinderat (1883–86) sowie Vorstand des Vereins gegen Verarmung. Insbesondere engagierte er sich in der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), der er ab 1871 angehörte und als deren Präsident er 1890–92 fungierte. Er machte sich v. a. um die Organisation von Festen verdient und kümmerte sich um die baulichen Angelegenheiten des Hauses. Des Weiteren gehörte R., der ein gefragter Juror und Mitglied diverser Kommissionen war, einer Reihe von Fachverbänden an: ab 1879 dem Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein, ab 1883 dem Niederösterreichischen Gewerbeverein, ab 1900 dem Verein der Baumeister Niederösterreichs. 1893 wurde R. der königlich bayrische St. Michaels-Orden III. Klasse verliehen und 1895 erhielt er den Titel Baurat.

Weitere W. (s. auch Architektenlexikon): Mietshaus, 1874 (Wien 3); Umbau Hotel Erzherzog Carl, 1898 (Wien 1). – Publ.: Der praktische Baumeister, 1881 (mehrfach aufgelegt); Beleuchtungseffecte und Beleuchtungskörper in künstlerischer Beziehung, 1883; Das Raimundtheater in Wien, in: ZÖIAV 47, 1895.
L.: NWT, WZ, 27. 12. 1909; Eisenberg 1; Kosel 1; Thieme–Becker; Der Architekt 1, 1895, S. 44; P. Kortz, Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts 2, 1906, S. 13, 334, 430; Technischer Führer durch Wien, red. M. Paul, 1910, s. Reg.; R. Wagner-Rieger, Wiens Architektur im 19. Jahrhundert, 1970, s. Reg.; B. Fiala, Der Wiener Gemeinderat … 1879 bis 1883 …, phil. Diss. Wien, 1974, S. 407; Die Kunstdenkmäler Wiens. Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirkes (= Österreichische Kunsttopographie 44), bearb. G. Hajos, 1980, s. Reg.; A. Lehne, Jugendstil in Wien, 1989, s. Reg.; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert 3/1, 1990, s. Reg.; W. Aichelburg, Das Wiener Künstlerhaus 1861–2001, 1, 2003, s. Reg.; R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, S. 426; Architektenlexikon Wien 1770–1945 (mit Bild und W., online, Zugriff 27. 4. 2018); ABK, TU, beide Wien.
(U. Prokop)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)