Rovani Giuseppe, Schriftsteller. * Mailand, 12. 1. 1818; † Mailand, 26. 1. 1874. Entstammte bescheidenen Verhältnissen; war als Schreiber in der Bibl. Brera angestellt und auch als Journalist tätig, ehe er 1847 als Hauslehrer nach Venedig ging. 1848 floh er wegen Teilnahme an der Revolution nach Rom, war dann kurz in der Schweiz und, nach Mailand zurückgekehrt, ab 1851 wieder in seiner früheren Stellung tätig. Er arbeitete weiterhin für die Presse und erhielt 1856 den Auftrag, als offizieller Berichterstatter das österr. Kaiserpaar durch die Lombardei zu begleiten. Im selben Jahr begann in der „Gazzetta di Milano“ die unregelmäßige Veröff. seines Hauptwerks, des Romans „Cento anni“. Dieser Zeit- und Lokalgeschichte Mailands und Venedigs folgt gleichsam als Fortsetzung „La Libia d’oro“, eine romanhafte Darstellung der Verschwörung um den Kongreß von Verona. Aus R.s letzten Lebensjahren stammen „La giovinezza di Giulio Cesare“, eine Reihe kulturhist. Schriften und ein vieldiskutierter Nachruf auf Manzoni (s. d.). Die literar. Entwicklung R.s, der sich in seinen frühen Werken von Parini, Alfieri und Manzoni inspirieren ließ, reicht von der Romantik bis zur dekadent geprägten Mailänder Scapigliatura, die in ihm einen ihrer Initiatoren wahrnimmt, sie wird mitbestimmt vom Mailänder Kaffeehaus-, Künstler- und Theatermilieu. R. lernte zunächst aus dem hist. Roman, der bald auch in der Erkenntnis Manzonis veraltet erscheint, und orientierte sich auf die Zeitgeschichte hin: Sein heute bes. im Blickfeld der Kritik stehender Roman „Cento anni“ erweist sich jenseits seines fiktiven Spannungskerns als lebendige kulturhist. Dokumentation des Mailänder Lebens imRückblick auf die theresian.-josephin. Ära, mit der Aufdeckung der gesellschaftlichen Szenerie der Restauration. Als Romancier, Historiker und Journalist ist R. ein iron. Erzähler, über den die Literaturkritik noch keine eindeutige Beurteilung gefällt hat.