Salzer, P. Anselm (Karl Borr.) (1856-1938), Literarhistoriker und Lehrer

Salzer P. Anselm (Karl Borr.), OSB, Literarhistoriker und Schulmann. * Waidhofen a.d. Ybbs (NÖ), 8. 10. 1856; † Seitenstetten (NÖ), 17. 3. 1938. Sohn eines Schuhmachers; hatte als Schüler am Stiftsgymn. Seitenstetten in dem Jugend- und Volksschriftsteller Weißenhofer einen vorzüglichen Dt.Lehrer. Trat 1875 in das Benediktinerstift Seitenstetten ein, stud. in St. Pölten Theol., 1879 feierliche Profeß, 1880 Priesterweihe. 1880–83 stud. er an der Univ. Innsbruck Latein, Griech. und Dt., 1884 Lehramtsprüfung aus diesen Fächern und Dr. phil. 1883–1936 lehrte er am Stiftsgymn. alte Sprachen und zeitweise Französ., vor allem aber Dt., war 1918–37 Dir. des Gymn. und ab 1904 auch Stiftsbibliothekar. Über Seitenstetten hinaus wurde er bald durch seine Arbeiten über die christliche Dichtung des Mittelalters bekannt, bes. durch „Die Sinnbilder und Beiworte Mariens . . .“. Mit der 7. Aufl. von Lindemanns „Geschichte der deutschen Literatur“ (3 Bde., 1897f.), die S. tw. neu bearb. und hrsg., qualifizierte er sich für seine eigene „Illustrierte Geschichte der Deutschen Literatur . . .“. Deren Wert liegt nicht nur in der damals unübertroffenen Illustration, sondern auch in ihrer klaren, allg. verständlichen Diktion, den ausführlichen Inhaltsangaben aller bedeutenderen Werke und der eingehenden Behandlung der literar. Zeitgenossen, mit denen S. z. Tl. in regem Briefverkehr stand. Bei allem Eintreten für den kath. Standpunkt hatte er doch auch Sinn für die literar. Qualität von Dichtungen, deren Tendenz er nicht folgen konnte. Er wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1925 Ehrenmitgl. der Bayer. Benediktiner-Akad., 1926 HR. Auch als Lehrer wurde S. – zu seinen Schülern zählten u. a. die österr. Politiker Miklas und Raab sowie der Schweizer Literarhistoriker Tunk – sehr geschätzt.

W.: Die erste neuhochdt. Übers. der otfried. Evangelienharmonie, in: Z. für dt. Philol. 14, 1882; Ueber die Entwicklung der christlich-röm. Hymnenpoesie und über ihre Bedeutung für die althochdt. Poesie, in: Stud. und Mitth. aus dem Benedictiner- (und Cistercienser-) Orden . . . 3, 1882, Bd. 2, 4, 1883, Bd. 1–2; Die Sinnbilder und Beiworte Mariens in der dt. Literatur und latein. Hymnenpoesie des Mittelalters, in: 20.–28. Programm des k. k. Obergymn. der Benedictiner zu Seitenstetten, 1886–94, Neudruck 1967; Eine dt.-österr. Literaturgeschichte, in: Die Kultur 1, 1899/1900; Prof. Dr. P. G. Frieß, Nekrolog, in: 38. Programm des k. k. Obergymn. der Benedictiner zu Seitenstetten, 1904; Illustrierte Geschichte der Dt. Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 3 Bde., 1910–12, 2. Aufl., 5 Bde., 1926–32, 3. Aufl., bearb. von E. v. Tunk, 3 Bde., 1972; Die Kirche und die dt. Literatur, in: Kath. Schulbll., 1912/13, n. 23/24; etc.
L.: L’Osservatore Romano vom 25. 7. 1930; Tiroler Nachrichten undDolomiten vom 6., Neues Österr. vom 7. 10. 1956; Th.Rak, Kust und Wiss., in: St. Aloisius-Bl. 6, 1905, S. 101 ff.; Bote aus Seitenstetten, bes. F. 4, Juli 1930, S. 17 ff., F. 11, Februar 1934, S. 10 ff., F. 16, August 1936, S. 5 ff., F. 20, Sommer 1948, S. 5, 64; E. Frieß, Ein Gedenken an zwei Waidhofner Persönlichkeiten, in: Bote von der Ybbs 51, 1936, F. 39, S. 3 f.; F. Richter, Die Ehrenbürger der Stadt Waidhofen a. d. Ybbs, in: Waidhofner Heimatbll. 12, 1986, S. 56 ff.; Brümmer; Giebisch-Gugitz; Kosch; Kosch, Kath. Deutschland; Kürschner. Gel.Kal., 1925–35; A. Erdinger, Bibliographie des Clerus der Diöcese St. Pölten . . . (1785–1889), 2. Aufl. 1889; P. Ortmayr – Ae. Dekker, Das Benediktinerstift Seitensletten, 1955, S. 342; E. v. Tunk, Erinnerungen an meinen Lehrer A. S., in: Innerschweizer Schriftsteller, hrsg. von B. S. Scherer, (1977), S. 246 ff.; Bibliographie der dt.sprachigen Benediktiner 1880–1980, 1 ( = Stud. und Mitt. zur Geschichte des Benedikliner-Ordens und seiner Zweige, Erg.Bd. 29/1), 1985, S. 343; Stiftsarchiv, Seitenstetten,NÖ.
(B. Wagner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 399f.
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