Sarg, Johann Heinrich Karl (1832-1895), Industrieller und Erfinder

Sarg Johann Heinrich Karl, Industrieller und Erfinder. * Frankfurt a. Main (BRD), 10. 2. 1832; † Wien, 14. 3. 1895. Sohn des Friedrich A. S. ( * Nürnberg, 20. 11. 1804; † Frankfurt a. M., 8. 8. 1876), der, ursprünglich Hotelbesitzer in Frankfurt, 1858 die Stearinkerzenfabrik Milly-Kerzen-AG in Liesing(NÖ) kaufte und sie als Millykerzenfabrik des F. A. S. weiterführte. S. stud. u. a. 1851/52 an der Univ. Gießen Chemie bei Liebig und war zunächst Bergwerksdir. 1869 übernahm er die Fa. unter dem Namen F. A. S.s Sohn & Cie. K.K. landespriv. Millykerzen-, Seifen- und Glycerin-Fabrik, mit J. M. Miller & Comp. als Gesellschafter. S. führte in der Fa. wesentliche Verbesserungen durch, sowohl auf dem Gebiet der Kerzenproduktion als auch ganz bes. durch die fabriksmäßige Gewinnung eines dabei anfallenden Nebenproduktes, des Glyzerins: 1867 wandte die Fa. als erste auf dem Kontinent das Destillierungsverfahren mit überhitztem Wasserdampf an und S. verbesserte dieses derart, daß Glyzerin von größter Reinheit auf den Weltmarkt gebracht werden konnte. 1872 erhielt er ein Privileg auf die Erfindung „krystallisirtes Glycerin darzustellen und Glycerin durch Krystallisation zu reinigen“. Er setzte der üblichen Toiletteseife bis über 90% Glyzerin zu und erhielt so eine neue, transparente Seife, die bald auch auf dem Weltmarkt erfolgreich war (1876 beteiligte sich die Fa. an der Weltausst. in Philadelphia). Daneben wurden auch Margarine (Ceres-Speisefett) und Kunstwachs (Ceresin, ab 1874) hergestellt, doch konnten sich beide Produkte erst später durchsetzen. 1887 brachte S. die Zahncreme Kalodont heraus, die, erstmalig in Tuben eingepreßt, durch ihre vorzüglichen sanitären Eigenschaften und ihre prakt. Verwendbarkeit Weltgeltung erlangte und viele Nachahmungen, auch in der Namensgebung, erfuhr. S. hatte auch leitende Funktionen im Wirtschaftsleben, z. B. als Verwaltungsrat u. a. der Länderbank, der Alpine-Montan Ges. und der Liesinger Brauerei. 1885 k. Rat. Die Fa. wurde nach seinem Tod von seinemSohn Karl F. S. (Baden, NÖ, 25. 7. 1868; † Wien, 15. 2. 1946) weitergeführt. 1914 hatte sie 450 Beschäftigte, mußte aber 1922 den Betrieb einstellen und wurde 1925 an die Österreichische Georg Schicht AG verkauft, die sie bis 1939 weiterführte.

W.: 12 eingetragene Privilegien. Nachlaß, Techn. Mus. für Ind. und Gewerbe, Archiv, Wien.
L.: N. Fr. Pr. und Fremden-Bl. vom 15., Illustrirtes Wr. Extrabl. vom 15. und 16. 3. 1895; Wr. Ztg. vom 8. 8. 1903; Wr. Kommunal-Kal. und Städt. Jb. für 1912, 50, o. J., M 45; Jb. der österr. Ind. 1914, 1914, S. 1230; E. Stelzer, Technol., in: Bll. für Geschichte der Technik 1, 1932, S. 58; Groner; Großind. Österr. 6. S. 41 ff., Erg.Bd. 3, S. 256 ff.; R. Granichstaedten-Czerva – J. Mentschl – G. Otruba, Altösterr. Unternehmer ( = Österr.-R. 365/367), (1969); F. Opll, Liesing, (1982), S. 179 f.; A. Matzig, Geschichte der Stadt Liesing, 1935, Manuskript, Wr. Stadt- und Landesarchiv, Wien, S. 1141 ff.; Mitt. D. Sarg und J. Weidinger, beide Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 424
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