Schelle, (Karl) Eduard (1814-1882), Musikschriftsteller und Musikkritiker

Schelle (Karl) Eduard, Musikkritiker und Musikschriftsteller. * Biesenthal, Brandenburg (DDR), 31. 5. 1814; † Wien, 16. 11. 1882. Sohn eines Pastors; erhielt ersten Unterricht im Klavierspiel bei seiner Mutter, dann beim Kantor und Organisten der Heimatstadt, der ihn auch im Orgelspiel und in Harmonielehre unterwies. Während seiner Gymnasialzeit in Potsdam Musikunterricht bei Musikdir. J. Ch. Schärtlich. Nach dem Tod des Vaters (1832) Übersiedlung nach Berlin, wo er 1835/36 das Gymn. Zum Grauen Kloster, in dem der Musikpflege bes. Aufmerksamkeit geschenkt wurde, besuchte, dann bis 1839 an der theolog. Fak. der Univ. (mit Abschluß) stud. und zugleich Kompositionsunterricht bei A. B. Marx nahm. Aufgrund der polit. Unruhen des Jahres 1848 verließ er Deutschland und lebte bis 1856 als Erzieher bei adeligen Familien in Rußland (Poltava, Moskau, St. Petersburg/Leningrad), begab sich dann über Paris nach Rom, um sich musikgeschichtlichen Stud. – bes. über die Sixtin. Kapelle – zu widmen. Nach Aufenthalten in verschiedenen italien. Städten und in München zum Zweck von Archivstud. übernahm er 1864 als Nachfolger Hanslicks (s. d.) in Wien das Musikreferat der Tagesztg. „Die Presse“, das er bis zu seinem Tod erfolgreich leitete. Mit seinem Pariser Aufenthalt 1861 anläßlich der dortigen Auff. des „Tannhäuser“ von R. Wagner begann er eine ausgedehnte musikschriftsteller. Arbeit zu entfalten. In der Folge publ. er Aufsätze zur Musikgeschichte und zum musikal. Gegenwartsschaffen, speziell der Oper. 1873 fungierte S. als Experte der österr. Regierung für die Gruppe der musikal. Instrumente auf der Wr. Weltausst. S., der von 1878 bis zu seinem Tod als Prof. für Musikgeschichte am Konservatorium der Musikfreunde in Wien unterrichtete, war mit fast allen Persönlichkeiten des Musiklebens seiner Zeit bekannt und vertraut. Als ausgezeichneter Musikgelehrter sowie unparteiisch und gediegen urteilender Musikkritiker war er, Mitgl. des Journalisten- und Schriftstellerver. „Concordia“, hoch geschätzt.

W.: Der Tannhäuser in Paris oder Der dritte musikal. Krieg, 1861; Die päpstliche Sängerschule in Rom genannt Die Sixtin. Capelle. Ein musikhist. Bild, 1872; Musikal. Instrumente (Gruppe XV). Officieller Ausst.-Ber. . . . Weltausst., 1873; R. Wagner, 1882; zahlreiche Aufsätze und Rezensionen, vor allem in ausländ. musikal. Fachz. (u. a. in Neue Z. für Musik) und in österr. Ztg., u. a. in Die Presse; etc.
L.: Die Presse vom 16.–19., Fremden-Bl. vom 17 –19., N. Fr. Pr. vom 17. und 19., Dt. Ztg., Neues Wr. Tagbl. und Wr. Ztg. vom 17. 11. 1882; Signale für die musikal. Welt 40, 1882, S. 961f.; Frank-Altmann; Nagl-Zeidler-Castle 3, s. Reg.; Schmidl; Wurzbach; M. Klapp, Wr. Bilder und Büsten, 1867, S. 189; J. Stern – S. Ehrlich, Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“. 1859–1909, 1909, S. 178; R. υ. Perger – R. Hirschfeld, Geschichte der k. k. Ges. der Musikfreunde in Wien 2, 1912, S. 327; A. Bruckner, Ges. Briefe, NF, hrsg. von M. Auer, 1924, S. 136ff., 146ff.; A. Harrandt, Wagner und seine Werke in Wien (1857–83), phil. Diss. Wien, 1985, S. 67, 96, 155f., 167ff., 194ff., 210ff., 231ff.; Mitt. H. Jacob, Berlin, DDR.
(I. Fuchs)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 46, 1990), S. 71f.
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