Schembera (Šembera), Viktor Karl (Wratislaw); Ps. Friedrich Petz (1841-1891), Journalist und Schriftsteller

Schembera (Šembera) Viktor Karl (Wratislaw), Ps. Friedrich Petz, Journalist und Schriftsteller. * Olmütz (Olomouc, Mähren), 4. 3. 1841; † Wien, 4. 12. 1891. Sohn des Sprach- und Literaturwissenschafters Alois V. Šembera, Bruder der Zdislava Z. Šemberová (1841– 1912), die, in emanzipator. Geist erzogen, in engem, langjährigem brieflichen und persönlichen Kontakt mit Th. Masaryk (s. d.) stand; stud. 1864–68 mit Unterbrechung an der Univ. Wien Jus.S. versuchte sich vorerst als Lyriker in tschech. Sprache, wandte sich jedoch nach polit. Betätigung (poln. Aufstand von 1863) in Wien der Journalist. Laufbahn zu, wobei er sich aufgrund seines engagiertpointierten Stils einen ausgezeichneten Namen machte. Nach redaktioneller Tätigkeit bei der Ws. „Ost und West“ war er 1863–70 Red. beim „Wanderer“, für den er polit., gegen die Regierung Schmerling gerichtete Artikel verfaßte. In der ersten Hälfte der 70er Jahre erregte er durch die in der „Montags-Revue“ ab September 1870 unregelmäßig erscheinenden anonymen „Intimen Briefe aus Prag“, in denen sich – nicht immer mit fairen Methoden – der Kampf gegen die tschech. Bemühungen um ein eigenes Staatsrecht konzentrierte, großes Aufsehen. 1870 trat S. in den Red.Verband des „Neuen Wiener Tagblatts“ ein, dem er – mit dem Hauptgebiet Kunstkritik – bis zu seinem Tod angehörte. Mit vielen Literaten und bildenden Künstlern befreundet, setzte er sich nicht nur für das Werk R. Wagners, zu dem er persönliche Kontakte hatte, sondern auch für junge Schriftstellertalente, etwa für A. Christen (s. Ch. v. Breden) und Standesvertretungsverbände ein; so war er u. a. 1886/87 Präs. der Concordia. Nach dem Tod seines Freundes L. Anzengruber (s. d.) übernahm S. die Leitung von dessen bekanntem Witzbl. „Figaro“ und fungierte auch als Mithrsg. seiner „Gesammelten Werke“. S.s literar. Bedeutung liegt weniger in seinen poet. Arbeiten als in seinen kunstkrit. Essays und in seiner vielseitigen redaktionellen Tätigkeit, die ihn zu den namhaftesten Wr. Journalisten der 70er und 80er Jahre des 19. Jh. zählen lassen.

W.: Z mladých ňáder (Aus dem jungen Busen), 1863 (Ged.); Einleitung und Erläuterungen zu: Rafaels Tapeten im Vatican zu Rom . . ., hrsg. von L. Koch, 1878; Beitrr. in Z., Ztg., Almanachen, etc. Hrsg.: Ges. Werke von L. Anzengruber, 10 Bde., gem. mit A. Bettelheim und V. Chiavacci, 1890. Red.: Illustrirter oesterr. Volkskal. 36, 1880; Entwicklung von Ind. und Gewerbe in Österr. in den Jahren 1848–88, 1888; Figaro, 1890f.; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 5. 12., Neues Wr. Tagbl. vom 5. und 7., Montags-Revue vom 7. 12. 1891; Brümmer; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Giebisch-Gugitz; Kosch; Kosch,Kath. Deutschland; Nagl-Zeidler-Castle 3–4, s. Reg.; Otto; Wurzbach (s. Šembera V. K.); J. Stern – S. Ehrlich, Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“. 1859–1909, 1909, S. 145; G. Gerstbauer, Die Wr. Montagspresse 1863–1938, phil Diss. Wien, 1949, S. 84f., 87ff.
(S. Leskowa)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 46, 1990), S. 74f.
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