Scherzer, Franz Jakob (1743-1818), Theaterdirektor

Scherzer Franz Jakob, Theaterdirektor. * Wien, 17. 7. 1743; † Wr. Neustadt (NÖ), 22. 3. 1818. Sohn eines Gastwirtes; war wahrscheinlich zunächst Soldat und ist ab 1776 als Theaterprinzipal, zunächst kurz in Wien-Penzing, dann im sog. Bauernfeindischen Saal in Wien-Josefstadt nachweisbar. Dieses Theater leitete er bis 1781 nicht ohne Erfolg. Sein Repertoire, das Schauspiel, Singspiel und Ballett umfaßte (eine besondere Eigentümlichkeit war die Darbietung eines aus verschiedenen Gattungen gemischten Programms an einem Abend), zeigt Bemühen um Qualität. Ein künstler. Höhepunkt war wohl 1779 die Auff.Serie von Bendas Melodrama „Ariadne auf Naxos“. Unter den zahlreichen Schauspielern, die bei ihm debut., befanden sich auch spätere Burgschauspieler. S. führte in der Folge ein Wanderleben als Prinzipal, war 1781 in Budweis (České Budějovice), 1782 in Karlsbad (Karlovy Vary), 1784 in Olmütz (Olomouc) und Troppau (Opava). 1784/85 gab er im Wr. Kärntnertortheater Komödien und Ballette und dürfte dann das Wanderleben fortgesetzt haben, das ihn im – oft wohl auch anekdotenhaften – Urteil seiner Mitwelt als typ., seine Schauspieler ausnützenden Schmierendir. erscheinen läßt, aber auch durch seine unablässigen Versuche, sich in Wien ein festes Theater zu schaffen, gekennzeichnet ist. 1790 gründete er das Landstraßer Theater, dessen Dion. er 1791 wieder verlor, 1792 das Roßauer Theater, das 1793 zugrunde ging. 1797 wurde sein Gesuch, in Krakau (Kraków) ein Theater zu errichten, abgewiesen, 1798–99 (und wieder 1804– 06) erscheint S. als Theaterdir. in Znaim (Znojmo), danach ist wieder ein Wanderleben durch kleinste Provinzstädte festzustellen. Von 1806 bis zu seinem Tod war er Pächter des Theaters in Wr. Neustadt; 1816 bespielte er auch das Sommertheater in Raab (Győr) – u. a. schon wenige Monate nach der Wr. Urauff., mit Grillparzers (s. d.) „Ahnfrau“. S. entsprach dem Typus des vielgewanderten Theaterpraktikers, voll Unternehmungslust, dessen finanzielle und wohl auch künstler. Mittel jedoch seinem Wollen nicht entsprachen.

L.: Wr. allg. Theaterztg. vom 28. 3. 1818; N. Fr. Pr. vom 18. 12. 1869; Fremden-Bl. vom 23. 2. 1894; Allg. Theater-Revue 2, 1836, S. 469; K. Glossy, in: Jb. der Grillparzer-Ges. 25, 1915, S. 92ff., 292; G. Gugitz, in: Jb. der Ges. für Wr. Theaterforschung 13, 1961, S. 53ff.; Kosch, Theaterlex.; Portheim-Kat.; Wurzbach unter Scherzer Karl v.); Fragmente aus dem Leben eines Schauspielers 1, 1801, 102ff.; F. X. Garnier, Meine Pilgerfahrt durchs Weltgetümmel 1, 1802, S. 361ff.; J. Hadatsch, Launen des Schicksals, oder: Scenen aus dem Leben . . . A. Hasenhut, 1834, S. 78ff.; O. Horn, F. Raimund 1, 1855, S. 63ff. (belletrist.); E. K. Blümml–G. Gugitz, Alt-Wr. Thespiskarren, (1925), s. Reg.; E. Pies, Prinzipale. Zur Geneal. des dt.sprachigen Berufstheaters vom 17.–19. Jh., 1973; H. Kretsehmer, Landstr., (1982), S. 187ff.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 46, 1990), S. 91f.
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