Schiper (Schipper), Ignacy (1884-1943), Historiker und Zionist

Schiper (Schipper) Ignacy, Historiker und Zionist. Geb. Tarnów Galizien), 9. 11. 1884; gest. Majdanek (Lublin-Majdanek, Polen), 5. 11. 1943 (erschossen). Sohn eines Versicherungsagenten. Stud. 1902–06 Jus an der Univ. Krakau, 1905/06 an der Univ. Wien, 1907 Dr. jur. (Univ. Krakau). S. sympathisierte schon in der Jugend mit der zionist. Bewegung, trat 1904 der Poale Zion (Poln. Zionistenpartei) bei und wurde in deren Zentralkomitee gewählt. 1918 organisierte er die Bildung eines jüd. Nationalrats, dessen Vizepräs, er wurde, sowie eine jüd. Selbstschutzabteilung. 1919 übersiedelte S. nach Warschau und wurde als Abg. des Wahlkreises Cholm (Chełn) in das Gründungsparlament gewählt. Er behielt diese Funktion bis 1927. Aufgrund weltanschaulicher Differenzen – er wandte sich gegen den zunehmenden kommunist. Einfluß in seiner Partei – trat er 1922 zur Partei Al-Hamiszmar (Allg. Zionisten) über. Ab 1924 Vorsitzender des Ver. jidd. Literaten und Journalisten, leistete er in diversen zionist. Organisationen Aufbauarbeit, wurde Rat in der Warschauer jüd. Gemeinde und hielt ab 1928 Vorträge am Inst. für Judaist. Stud. in Warschau. 1935–38 war S. Dir. des Fonds für den Wiederaufbau Palästinas. Nach dem Einmarsch der Dt. Wehrmacht in Polen versuchte S. als Mitgl. des Judenrats, seinen Glaubensgenossen im Warschauer Ghetto zu helfen, lehnte hiebei jedoch den bewaffneten Aufstand ab. 1943 ins KZ Majdanek deportiert, wurde er noch im selben Jahrermordet. Als Historiker galt S.s Hauptinteresse der Wirtschaftsgeschichte der Juden in Polen.

W.: Anfänge des Kapitalismus bei den abendländ. Juden im früheren Mittelalter, 1907; Studia nad stosunkami gospodarczymi Żydów w Polsce podczas średniowiecza, 1911, jidd.: Wirtszafts-geszichte fun di Jidn in Pojln b’ejsn mitelalter, 1926; Geszichte fun jidiszer teater kunst und drame fun di elste cajtn bi 1750, 3 Bde., 1923–28; Żydzi Królestwa Polskiego w dobie powstania listopadowego (Die Juden des Kg.Reichs Polen in der Zeit des Novemberaufstands), 1932; Dzieje handlu żydowskiego na ziemiach polskich (Geschichte des jüd. Handels in den poln. Ländern), 1937; usw.
L.: Enc. Jud.; Jüd. Lex.; Wininger; Enc. of the Holocaust, hrsg. von J. Gutman, 4, (1990); A. Nossig, Polen und Juden, 2. Aufl. (1921), S. 53; E. Ringelblum, Chronique du ghetto de Varsovie, 1959, S. 95, 285; ders., GhettoWarschau. Tagebücher aus dem Chaos, 1967, S. 205f.; Yizchaq Šiper, Ktabhim nibcharim we-dibhrey ha- ‘arakhah, hrsg. von S. Eidelberg, 1967; L. S. Dawidowicz, Der Krieg gegen die Juden 1933–45, 1979, S. 290; E. Kogon, Der SS-Staat. Das System der dt. KZ, 10. Aufl. 1979, S. 230; N. Goldmann, Mein Leben als dt. Jude, 1980, S. 238f.; E. Mendelsohn, Zionism in Poland. The Formative Years, 1915–26, 1981, s. Reg.; F. Golczewski, Poln.- jüd. Beziehungen 1881–1922 ( = Quellen und Stud. zur Geschichte des östlichen Europa 14), 1981, s. Reg.; Y. Gutman, The Jews of Warsaw 1939–43, 1982, s. Reg.; E. Mendelsohn, The Jews of East Central Europe between the World Wars, 1983, S. 64; A. Czerniaków, Im Warschauer Getto, 1986, s. Reg; UA Krakau.
(Sh. Spitzer – A. Szklarska-Lohmannova)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 160
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