Schlesinger, Hans (1896-1945), Regisseur, Schriftsteller und Schauspieler

Schlesinger Hans, Regisseur, Schriftsteller und Schauspieler. * Breslau (Wrocław, Polen), 9. 9. 1896; † Den Haag, 10. 4. 1945. Sohn eines Arztes, ab 1932 mit der Tänzerin und Schauspielerin Cilli Wang ( * 1909) verheiratet; stud. nach Kriegsteilnahme ab 1919 an der Univ. Breslau bei Hönigswald Phil., 1921 Dr. phil. Nachdem er einige Jahre an einer Mittelschule Zeichnen und Malen unterrichtet hatte (seine Absicht, Maler zu werden, hatte der Kriegsausbruch vereitelt), wandte er sich dem Theater zu und war ab 1924 als Schauspieler, Regisseur und Dramaturg in Teplitz-Schönau (Teplice-Šanov, Böhmen) engagiert, wo auch sein Drama „Lélian“ (1923), das die Begegnung zwischen Verlaine und Rimbaud behandelt, aufgef. wurde. Hier begründete sich auch S.s Freundschaft zu Leon Epp (dem späteren Dir. des Volkstheaters in Wien) und seine Bekanntschaft mit Karl Kraus (s. d.). Ab ca. 1930 als Vortragender (er war einer der ersten, die sich für Elias Canettis „Hochzeit“ einsetzten), Schriftsteller und Theatermann in Wien lebend, wurde S., dessen Aufgeschlossenheit und vielseitige Bildung gerühmt wurden, bald zum Mittelpunkt eines Freundeskreises, dem u. a. Canetti und Fritz Hochwälder angehörten. Auf der Bühne des Volksheimes (Volkshochschule Ottakring) inszenierte S. eine Reihe von mustergültigen Auff., etwa Gogols „Revisor“, Schönherrs „Weibsteufel“ oder Hauptmanns „Biberpelz“, die bes. den Dramatiker Hochwälder beeinflußten. Als Schriftsteller verfaßte S. u. a. Texte für Wr. Kleinkunstbühnen, wie den Lieben Augustin, oder das von ihm geleitete Theaterstudio Die Beispiele in Wien I., Riemergasse, in welchem er häufig die künstler. Besonderheiten seiner Frau herausstellte. Insbes. jedoch ist sein Libretto zu Josef Matthias Hauers Zwölftonkomposition „Die schwarze Spinne“ (1931/32, erst 1966 uraufgef.) zu erwähnen, in dem er den Novellenstoff Jeremias Gotthelfs bühnenwirksam verarbeitete. 1938 mit seiner Frau auf Tournee im Ausland, kehrte S. nach dem dt. Einmarsch nicht mehr in seine Wahlheimat zurück, sondern hielt sich während des Krieges in Holland versteckt, wo er kurz vor der Befreiung starb.

W.: Vom System der Künste. Eine erkenntnistheoret. Untersuchung, phil. Diss. Breslau, 1921; Dramen, Übers., und Bearb. (Shakespeare), Operntexte, Kabaretttexte, Vorträge, Essays, usw., alle Manuskripte, Privatarchiv C. Wang, Wien.
L.: Dt. Bühnen-Jb. 36–40. 1925–29, s. Reg.; W. Reich, in: Österr. Musikz. 21, 1966, S. 123ff.; W. Szmolyan, ebenda, 21, 1966, S. 226ff. (mit Bild); F. Hochwälder, in: Wr. Festwochen Almanach 1966, (1966), S. 36, 55 (Bild); Programmheft „Die schwarze Spinne“, Theater a. d. Wien, 23. 5. 1966; Lebenslauf in S.s Diss. (s. Werksverzeichnis); R. Weys, Cabaret und Kabarett in Wien, (1970), S. 62; Zauber der Verwandlung. C. Wang in ihren Gestalten, 1981, passim (mit Textproben) (Kat.); H. Weigel, Gerichtstag vor 49 Leuten, (1981), S. 161ff. (mit Textprobe); DieVertreibung des Geistigen aus Österr., (1985), S. 311 (Kat.); Rundfunksendung H. S., 2l. 3. 1971, ORF, Manuskript, Privatarchiv, C. Wang, Materialiensmlg. Red. Österr. Biograph. Lex., beide Wien; Mitt. C. Wang und S. Kadmon (†), beide Wien.
(E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 190f.
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