Schlesinger Ludwig, Politiker und Historiker. Geb. Oberleutensdorf, Böhmen (Litvínov, Tschechoslowakei), 13. 10. 1838; gest. Prag, Böhmen (Praha, Tschechoslowakei), 24. 12. 1899. Sohn eines Handwerkers; absolv. das Gymn. bei den Zisterziensern in Komotau (Chomutov), ab 1853 bei den Piaristen in Brüx (Most) und stud. 1857–1860 Geschichte, Phil., Klass. Philol. und Mathematik an der Univ. Prag, wo er der Burschenschaft Albia beitrat und 1858/59 Obmann der Lese- und Redehalle dt. Studenten war. 1862 Dr. phil., 1863 Lehramtsprüfung. 1865–68 suppl. S. an der dt. Oberrealschule in Prag, wurde in der Folge w. Lehrer und 1869 nach Leitmeritz (Litoměřice) versetzt, wo er Dir. der dortigen Ober-Realschule wurde und auch als Mitgl. des Gemeinderates sowie des Ortsschulrates fungierte. 1876 wurde er zur Neuorganisation des dt. Mädchen-Lyzeums als dessen Dir. nach Prag berufen. Seit 1870 Landtagsabg. für die Landgemeinden Karlsbad (Karlovy Vary) und ab 1877 Reichenberg (Liberec), führte er im Landesausschuß, dessen Mitgl. er seit 1885 war, das Finanzreferat. 1882 lancierte er erstmals die Idee der administrativen Zweiteilung Böhmens und war bei den Wr. Ausgleichsverhh. 1890 um die Lösung der Sprachenfrage bemüht. Nach dem Tode Franz Schmeykals 1894 Obmann des Klubs der dt. Landtagsabg., war S. 1896 maßgeblich an der Gründung der Dt. Fortschrittspartei beteiligt, die sich 1897 vom liberalen Dachverband im Reichsrat, der „Vereinigten Deutschen Linken“, lossagte. Als führendes Mitgl. des „Zehner-Ausschusses“ der Partei in Böhmen zählte er zu deren gemäßigtem Flügel und versuchte auch nach der Erlassung der Badenischen Sprachenverordnungen (1897), die gegen seinen Rat zustande gekommen waren, den Gesprächsfaden zur Regierung nicht ganz abreißen zu lassen. Bereits 1861 begründete er den Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen (dessen Präs. er 1880 wurde). In seinen hist. Arbeiten bemühte er sich, den Anteil der Sudetendeutschen an der böhm. Landesgeschichte zu unterstreichen.