Schlimp, Karl (Carl) (1834-1901), Architekt und Unternehmer

Schlimp Karl (Carl), Architekt und Unternehmer. Geb. Welletitz, Böhmen (Veletice, Tschechoslowakei), 13. 1. 1834; gest. Wien, 5. 1. 1901. Sohn eines Landwirts; stud. 1850–52 am Polytechnikum in Prag (Praha) Mathematik und Mechanik, dann in Wien 1852–54 am Polytechnikum Architektur und 1854–56 als Schüler van der Nülls (s. d.) und Sicardsburgs an der Akad. der bildenden Künste; 1856–57 kehrte er als Ass. der Bauwiss. und Baubuchhaltung vorübergehend an das Wr. Polytechn. Inst. zurück. Ab 1857 war er als Architekt tätig, 1858–68 bei der Südbahnges. (zuletzt im Zentralbüro der Baudion.); 1860 Ing., 1868–72 Ing.und Vorstand der Hochbauabt. der Österr. Nord-Westbahn, plante er fast alle Hochbauten an dieser Linie, deren Hauptverlauf von Wien nach Jungbunzlau (Mladá Boleslav) führte; so schuf er u. a. die Bahnhöfe für Znaim (Znojmo), Iglau (Jihlava) und dt.-Brod (Havlíčkův Brod). Ab 1872 (ab 1873 selbständig) übernahm S. die Errichtung der Hochbauten der Elbetalbahn an den Strecken Nimburg (Nymburk)–Lissa a. d. Elbe (Lysá nad Labem) und Lissa-Prag, gem. mit einer anderen Fa. auch die Unterbauten, zuletzt – sicherlich als interessanteste Aufgabe – die Planung und Ausführung des 1875 eröffneten Nordwestbahnhofs in Prag (Praha-Tešnov; abgetragen). S. projektierte bzw. baute auch Wohn- und Geschäftshäuser in Prag und Wien, Schulen (u. a. inWien und Saaz/Žatec), aber auch Zinshäuser sowie Ind.- und Wasserbauten. Als Architekt u. a. das Stadtbild Wiens im Sinn des Historismus mit prägend, bevorzugte er den Materialbau, symmetrische Fassaden mit klarer Gliederung und Formen der italien. und Dt. Renaissance. Ab 1868 war S. auch als Unternehmer (vorerst gem. mit seinem Bruder mit einem Tischler- und Schlosserunternehmen) tätig, 1876 übernahm er als Teilhaber der Fa. Hellwag & Comp. die von Wolfgang Jochem gegründete Klinkerfabrik in Schattau (Schattow) und führte sie ab 1879 als Erste Schattauer Kunstbasaltstein-, Chamotte- und Steinzeugwarenfabrik C. Schlimp. 1884 wurde das Kaolinschlämmwerk Winau (Únonov) bei Znaim in Betrieb genommen. Ab 1888 widmete sich S., dessen Wirken öff. Anerkennung fand (u. a. 1893 Titel Kommerzialrat), ganz seinem Fabriksunternehmen, das unter seiner Leitung sowohl in Umfang als auch Produktion stetig vergrößert wurde und dessen Erzeugnisse nicht nur in der Österr.-ung. Monarchie, sondern auch in Italien und Rußland Absatz fanden. 1898 wurde der Betrieb – nun unter der Leitung seines Sohnes, Carl S., stehend – in die Erste Schattauer Thonwaarenfabriks-AG vormals C. Schlimp umgewandelt.

W.: Hochbauten der Österr. Nord-Westbahn, in: Z. des Oesterr. Ing.- und Architekten-Ver. 24, 1872 (Vortrag); Ueber den Bau der Kön. böhm. Landes-Irrenanstalt zu Dobřan bei Pilsen, in: Ws. des Österr. Ing.- und Architekten-Ver. 2, 1877 (Vortrag); usw.
L: Fremden-Bl. und Neues Wr. Journal vom 6. 1. 1901; Wr. Kommunal-Kal. und Städt. Jb. für 1912, 50. (1912), M 34; F. B. Polleroß, in: Bll. für Technikgeschichte, 39/40, 1980, S. 65ff. (mit Bild); Eisenberg, 1893, Bd. 1; Großind. Österr. 2, S. 67ff.; Thieme-Becker; Toman; H. Heller, Mährens Männer der Gegenwart 4, 1890; Hist. biograph. Bll. aus Ind., Handel und Gewerbe, hrsg. von J. Eckstein, 1, 1901; Egerländer Biograf. Lex. . . ., bearb. und hrsg. von J. Weinmann, 2, (1987); Familienarchiv Merckens-Schlimp, Wr. Stadtund LA, beide Wien.
(F. B. Polleroß)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 206f.
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